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Von Nicola Klusemann: Oberlinhaus: Heute Urteil des Kirchengerichts erwartet In Hannover wird der umstrittene Haustarif des diakonischen Unternehmens verhandelt / Jeder Vierte bereits nach Arbeitsordnung eingestellt

Babelsberg - Innovativ oder unchristlich – das Kirchengericht in Hannover entscheidet am heutigen Montag über den Haustarif im diakonischen Unternehmen Oberlinhaus. „Ein Richterspruch mit überregionaler Tragweite“, sagte Matthias Fichtmüller, Vorstandsvorsitzender des Vereins, den PNN.

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Babelsberg - Innovativ oder unchristlich – das Kirchengericht in Hannover entscheidet am heutigen Montag über den Haustarif im diakonischen Unternehmen Oberlinhaus. „Ein Richterspruch mit überregionaler Tragweite“, sagte Matthias Fichtmüller, Vorstandsvorsitzender des Vereins, den PNN. Auch die Mitarbeitervertretung (MAV) spricht von einer „wegweisenden Entscheidung für die kirchliche Arbeitsrechtssetzung“.

Bereits seit 2006 ist die sogenannte Arbeitsordnung, die bei Neueinstellungen gilt und den bis dato wirksamen Kirchentarif ablösen soll, in Kraft. Etwa ein Viertel aller 1400 Oberlinhaus-Mitarbeiter sind nach Auskunft der MAV inzwischen nach Haustarif eingestellt worden. Allein im Berufsbildungswerk im Oberlinhaus (BBW) werden 113 Mitarbeiter nach der Arbeitsordnung entlohnt. Im Oberlinverein sind es etwa 90 Beschäftigte. Der Nicht-Kirchentarif bedeute weniger Geld, weniger Urlaubstage und mehr Arbeit, hatten die Mitarbeitervertreter gleich nach Einführung des Oberlin-Tarifs bemängelt. Mehrere BBW-Mitarbeiter beschritten den Klageweg. Etwa 80 Prozent der Haustarif-Angestellten haben außerdem gefordert, ihre Verträge dem kirchlichen Arbeitsrecht anzupassen.

Würde das Oberlinhaus die eigentlich bindende Arbeitsvertragsrichtlinie des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (DWBO) weiterhin anwenden, argumentiert der Vorstand, drohe dem Verein Stellenabbau und Rückzug aus bestimmten Handlungsfeldern. Es treffe nicht zu, dass weniger gezahlt werde, erklärte Fichtmüller. Um Fachkräfte ans Haus zu binden, zahle das Babelsberger Oberlinhaus „höhere Einstiegsgehälter“ als bisher; allerdings sei die „Abtreppung im Alter flacher“, so der Vorstandvorsitzende. „Wir gehen davon aus, dass junge Berufseinsteiger einfach mehr Geld brauchen, als diejenigen die kurz vor der Rente stehen.“ Dieses flexible Entgeltsystem sei bei der Leitung anderer diakonischer Einrichtungen gut angekommen, sagte Fichtmüller. Für die Eingruppierung gebe es keinerlei Richtlinien, sagen hingegen die Vertreter der MAV. Damit sei der Willkür Tür und Tor geöffnet. Eine Argumentation, der auch die Schiedsstelle des Diakonischen Werks folgte und dem Oberlinhaus im Februar 2007 die weitere Anwendung der Arbeitsordnung untersagte. Das kirchliche Unternehmen widersprach dem Schiedsspruch und stellte weiter nach Haustarif ein – allein im Berufsbildungswerk 73 Arbeitskräfte. Im Dezember dann erteilte der Diakonische Rat, in dem nur Arbeitgeber vertreten sind, dem Verein Oberlinhaus eine Ausnahmegenehmigung. Damit war die Anwendung der Arbeitsordnung nicht mehr rechtswidrig. Die Ausnahmegenehmigung sei unbefristet, betonte der Vorstandsvorsitzende und dementierte damit anders lautende Aussagen. Der Kirchenrat habe lediglich bis im Dezember dieses Jahres einen Bericht gefordert. „Mancher hatte das als Befristung gesehen“, so Fichtmüller.

Das Kirchengericht soll heute entscheiden, ob der Diakonische Rat überhaupt befugt war, eine solche Ausnahmegenehmigung vom bestehenden Kirchentarif zu erteilen. Beide Seiten – Vorstand und Mitarbeitervertreter – erwarten vor allem eines: Ein klares Urteil.

Nicola Klusemann

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