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Aus dem GERICHTSSAAL: Oberstleutnant auf Abwegen

Anklage: Kinderpornografie auf Dienstcomputer

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Aus dem GERICHTSSAALAnklage: Kinderpornografie auf Dienstcomputer Jeder Bundeswehrangehörige weiß Bescheid: Dienstcomputer dienen ausschließlich der internen Nutzung. Privates Surfen im Internet ist verboten. Setzt sich der eine oder andere Soldat über diese Anweisung hinweg, verstößt er allenfalls gegen interne Vorschriften. Auf der Anklagebank landet er deshalb nicht. Oberstleutnant Rainer R. (47, Name geändert) soll allerdings am 8. Oktober 2003 mehrere kinderpornografische Darstellungen auf seinem PC aufgerufen und sie betrachtet haben. Das rief den Staatsanwalt auf den Plan. Während der Familienvater glaubte, in seinem Dienstzimmer ungestört derart anrüchigem Tun frönen zu können, wurde der Sicherheitsadministrator stutzig. Zu viele Virenalarme gingen plötzlich bei ihm ein. Sie wurden eindeutig vom Personalcomputer des Oberstleutnants ausgelöst. „Täglich ein bis zwei Alarme pro Tag und PC sind normal“, berichtete Olaf B. (43) vor Gericht. Der Rechner von Rainer R. soll an besagtem Tag allerdings hundertmal Virenalarm gemeldet haben. „Sind Sie ganz sicher, dass der Angeklagte auch wirklich an diesem Computer gesessen hat?“, fragte die Richterin. „Ich habe festgestellt, dass seine Benutzerkennung an diesem Tag aktiviert wurde. Ob sich dahinter allerdings eine andere Person verbarg, kann ich nicht sagen“, so der Zeuge. Er habe den Vorfall anschließend dem Informationstechnik-Sicherheitsbeauftragten gemeldet. Selbiger begab sich in das Zimmer des Oberstleutnants, fand diesen auch an seinem Computer vor. Er habe „eine größere Anzahl ominöser Internet-Seiten“ festgestellt, von denen es ihm später gelang, die eine oder andere zu öffnen. „Dabei stieß ich auch auf eine Seite mit erotischem Inhalt, allerdings war das keine Kinderpornografie“, erinnerte sich der Sicherheitsexperte im Zeugenstand. Wegen Verstoßes gegen die Dienstvorschriften und Verdachts einer Straftat habe er den Rechner von Rainer R. eingezogen und für eine „spätere technische Beweisführung sichergestellt“. Die ergab keinen Hinweis auf ein bewusstes Herunterladen kinderpornografischer Darstellungen. Allerdings seien Bereiche der Festplatte mit einer geeigneten Software gelöscht worden. Rainer R. schwieg im Prozess zu den Vorwürfen. Seine Verteidigerin betonte, Surfen im Internet allein sei nicht strafbar. Entscheidend war jedoch die Frage, ob die aufgerufenen Seiten auch gespeichert wurden, ob dies dem Nutzer bekannt war und er sie bewusst gespeichert hatte. „Wenn ich als Nutzer Seiten aufrufe, muss ich davon ausgehen, dass sie gespeichert werden“, erklärte der Experte. Der Besitz von Kinderpornografie ist strafbar. Allerdings besteht Rechtsunsicherheit darüber, wann juristisch von Besitz zu sprechen ist. Genügt das bloße Anschauen von Bildern oder setzt Besitz bewusstes Herunterladen und Speichern voraus? Da sich das Gesetz bislang dazu nicht positionierte, stellte das Gericht das Verfahren gegen 1000 Euro Geldbuße ein. Hoga

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