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Über die Vielfalt studentischer Zeitungen und Zeitschriften an der Universität Potsdam

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Schon den fünften Tag in Folge sitzen die drei Studentinnen vor den Rechnern im studentischen Kulturzentrum, schreiben letzte Artikel, lesen Korrektur oder arbeiten am Layout. Sie gehören zur Redaktion der Studentenzeitung „Der Babelsberger“ und die neue Ausgabe soll am nächsten Tag in Druck gehen. Mit einer Auflage von 1500 Exemplaren ist „Der Babelsberger“ nach dem „Bernd“ das zweitgrößte studentische Blatt der Universität Potsdam. Gegründet wurde er bereits im Sommer 2000 vom Fachschaftsrat (FSR) für Politik- und Verwaltungswissenschaftler. Seitdem bemüht sich eine Hand voll Engagierter jedes Semester auf knapp 50 Seiten die Studenten mit Informationen rund um die Uni und auch etwas Unterhaltung zu versorgen.

Mit dem Schreiben der Texte ist es jedoch nicht getan. Um den Druck finanzieren zu können, muss sich jemand um Anzeigen kümmern und bei den Fachschaftsräten Unterstützung beantragen. Am Ende müssen die Hefte verteilt werden. Besonders problematisch ist das, wenn gerade die halbe Redaktion abgesprungen ist, weil die Zeit fehlt oder das Studium beendet ist. Für Heike Hahn ist es erst die zweite Ausgabe, dennoch macht sie das Layout praktisch allein. Sie findet es schade, dass sich nicht mehr Studenten engagieren, sondern viele höchstens einen Artikel abliefern, um ihren Frust loszuwerden. „Viele wollen Journalisten werden, nehmen aber die Möglichkeit nicht wahr, hier praktische Erfahrung zu sammeln“, stellt sie fest.

Im Gegensatz zum „Babelsberger“ ist „Der Bernd“ eher ein satirisches Meinungsblatt. „Anecken und provozieren gehört zum Konzept. Wir spekulieren auf Diskussionen und Widerspruch“, sagt der inoffizielle Chefredakteur Andreas Kellner, der die Zeitung inzwischen seit einer halben Dekade begleitet. Deshalb konkurrieren beide auch nicht um die Leser, sondern lediglich um die Redakteure. Auch „Der Bernd“ ist immer wieder auf Interessierte angewiesen, die ihre Vorstellungen und Ideen einbringen. Mit seinen fast zehn Jahren ist er nicht nur das älteste Blatt, sondern auch die einzige Zeitung für die gesamte Uni. Je nachdem, wie viele Artikel da sind, erscheint er ein- bis zweimal im Semester. Hauptgeldgeber ist der Allgemeine Studierendenausschuss, was aber selbst diesen nicht davor schützt, aufs Korn genommen zu werden. „Und gerade dieser Freiraum begründet den Spaß an der redaktionellen Arbeit beim Bernd“, feixt Andreas Kellner.

An studentischer Öffentlichkeit reicht das einigen jedoch nicht. Deshalb haben sie vor ein paar Monaten die Internetseite „Die Zitrone“ ins Leben gerufen, um der „allgemeinen Unwissenheit um hochschulpolitische Vorgänge und Möglichkeiten“ entgegenwirken. Unter den Hochschulgruppen haben die Artikel schon zu heftigen Diskussionen geführt. Anders als beim gedruckten Text hat hier jedoch jeder sofort die Möglichkeit, seine Sichtweise in einem Kommentar ergänzen.

In zwei Fachschaften, die ihren Sitz am Neuen Palais haben, sahen Studenten hingegen ihre fachbezogenen Themen zu wenig berücksichtigt und gründeten eigene Zeitungen. Bereits seit vielen Jahren berichtet „Die Quelle“ über Aktuelles rund um das Historische Institut. Dabei stehen neben Exkursionsberichten Themen wie die künftigen rechtlichen Einschränkungen beim Kopieren wissenschaftlicher Literatur auf dem Plan. Vom „EULER“, den Mathematik- und Physikstudenten gestalten, ist gerade erst die zweite Ausgabe erschienen. Die siebenköpfige Redaktion hat sich vorgenommen, über die Arbeit des FSR und Hochschulpolitik zu informieren sowie gleichzeitig mit Kuriositäten aus der Wissenschaft und kleinen Denksportaufgaben den Alltag der Studenten aufzulockern.

Die „schreib“ ist ein Forum ganz anderer Art. Sie wurde vor fünf Jahre gegründet, um „jungen Schreibern“ die Möglichkeit zu bieten, ihre literarischen Texte zu veröffentlichen. Mehr als 90 Autoren haben dies bereits getan. Obwohl die meisten noch immer Potsdamer Studenten sind, erhält die „Zeitschrift für junge Literatur“ inzwischen auch Einsendungen aus der Schweiz und Österreich. Für die Auswahl der Texte gibt es zwei Kommissionen – eine für Lyrik und eine für kurze Prosa – in denen sich jeder engagieren kann, der sich für Literatur interessiert. Die „schreib“ ist das einzige studentische Blatt, das man beim Fachschaftsrat Germanistik oder in einer Potsdamer Buchhandlung kaufen muss. Herausgeberin Kerstin Raatz begründet den eher symbolischen Preis von einem Euro damit, dass sich die Leute bewusst für die Zeitschrift entscheiden sollen. Benjamin Kleemann

Benjamin Kleemann

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