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Links und rechts der Langen Brücke: Ohne Alternative

Michael Erbach geht fest davon aus, dass die PDS dem Votum der Bürgerbefragung zum Landtag folgen wird

Stand:

So, so, ein großer Teil der PDS-Basis verweigert sich der Annahme des Ergebnisses der ersten Bürgerbefragung in der Landeshauptstadt. Obwohl bei der Frage nach dem Standort für den neuen Landtag das Areal des früheren Stadtschlosses mit 42,8 Prozent als klarer Sieger hervor ging, werten viele der Genossen dies als Ablehnung - weil, so deren Argumentation, eine Mehrheit gegen das Schloss-Grundstück gestimmt habe. Nun ja, Wahlergebnisse sind schon immer so gedeutet worden, dass sie in den eigenen Kram passen. Doch während viele PDS-ler erst einmal nur grummeln, geht die Fraktion Die Andere gleich einen Schritt weiter und fordert eine Stichwahl zwischen Schlossgrundstück und Speicherstadt, die bei der Standort-Befragung mit 28,5 Prozent auf Platz zwei kam. Nun ist es aber so, dass bei Wahlen vorher festgelegt wird, wie die Wahlordnung aussieht. Und bei der Bürgerbefragung war eine Stichwahl nicht vorgesehen. Und so wie Die Andere die Behauptung aufstellen kann, bei einer Stichwahl könne sich unter Umständen der Zweitplatzierte durchsetzen, darf ebenso behauptet werden: Wäre eine Stichwahl vorher angekündigt worden, hätten viele Potsdamer im ersten Wahlgang möglicherweise anders votiert. Also, Schwamm drüber – ein solcher Vorschlag ist undemokratisch und zudem aus Sicht der Stadtentwicklung kontraproduktiv: In dieser Woche wurde bekannt, dass die Stadt auf dem Gelände der Speicherstadt ein Filetgrundstück erworben hat, um auf dieser mittlerweile attraktivsten innerstädtischen Brache – gemeinsam mit der Speicherstadt GmbH – einen zukunftsorientierten Wohn- und Gewerbestandort zu entwickeln. Tolle Aussichten. Was also soll dort ein Landtag? Das weiß auch Hans-Jürgen Scharfenberg, der mächtige Fraktionschef der städtischen PDS. Und deshalb wird so ein unsinniger Vorschlag von der PDS sicher nicht großartig unterstützt werden. Der innenpolitische Sprecher der PDS-Landtagsfraktion – dem durchaus höhere Weihen zugesagt werden – wird dem Grummeln an der Basis ohnehin nicht folgen. Wie sonst soll er sich empfehlen und die Fähigkeit zum Gestalten nachweisen? Gewichtige Argumente dafür hat Scharfenberg in der Hand: So hat die Landes-PDS einst beschlossen, dass der neue Landtag auf dem Alten Markt gebaut werden kann. Der Vorschlag der Potsdamer PDS, diesen Neubau im Bereich des früheren Palastes Barberini zu errichten, landete bei der Umfrage mit 12,8 Prozent abgeschlagen auf Platz drei – ist somit kein Thema mehr. Heißt: Wenn Alter Markt – dann, entsprechend dem Votum der Umfrage, Schlossgrundstück. Dafür gibt es keine Alternative. Außerdem: Der neue Landtag wird wohl kein adäquater Nachbau des Stadtschlosses, müsste somit für viele Alt-Genossen auch an dieser Stelle akzeptabel sein. Für einen Teil der Ex-SED-Kader ist es nämlich eine Horrorvorstellung, mit einem Landtagsschloss auch städtebaulich zu Verlierern der Geschichte gestempelt zu werden. Auf Geheiß der SED wurde 1961 die Ruine des Stadtschlosses gesprengt. Nun kann die Baulücke geschlossen werden – mit den Stimmen der SED-Nachfolgepartei. So wird Stadtgeschichte geschrieben. Dessen ist sich die PDS-Spitze bewusst.

Michael Erbach

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