
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Ohne Brille sieht sie jeden Fehler Ilse Nowak beging
ihren 100. Geburtstag
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Ihren 100. Geburtstag beging gestern im Emmaushaus Ilse Nowak, eine der wenigen noch lebenden Schülerinnen der ersten preußischen Handels- und Gewerbeschule, die Mädchen den Weg zu beruflicher Bildung öffnete. Nach dem Schulbesuch von 1926 bis 1930 wurde die junge Frau später an der von Johanna Just gegründeten und bis 1926 geführten Einrichtung selbst Lehrerin für Hauswirtschaft, Handarbeit und Turnen. Später übte sie ihren Beruf in Belzig und an anderen Schulen Potsdams aus.
Herzliche Glückwünsche der Stadt überbrachte Oberbürgermeister Jann Jakobs. In einer Andacht blickte Pfarrer Matthias Fiedler, theologischer Vorstand des Landesausschusses für Innere Mission (LAFIM), auf das ereignisreiche Leben der Hundertjährigen zurück. Ihren ersten Ehemann verlor sie nach kurzer Zeit, er starb in russischer Kriegsgefangenschaft. Aus dieser Ehe ging als Sohn Gerd Eggers hervor, später ein bekannter Lyriker, Liedermacher und Kinderbuchautor. Aus zweiter Ehe hat Ilse Nowak weitere zwei Söhne, dazu kommen vier Enkel und zwei Urenkel.
Für die Jubilarin war die Wiederherstellung ihrer kriegszerstörten Heimatstadt Potsdam eine Herzensangelegenheit. Deshalb schloss sie sich der Aktionsgemeinschaft für den Aufbau der Potsdamer historischen Innenstadt (Agaphi) an. Auch an den Potsdamer Neuesten Nachrichten, deren langjährige Abonnentin sie war, wirkte Ilse Nowak mit. Noch als Neunzigjährige schrieb sie im September 1999 unter dem Titel „Johanna Just im kleinen Stadthaus“ einen stadtgeschichtlichen Beitrag über die Entwicklung und die verschiedenen Standorte der Gewerbeschule, deren Gelände an der Berliner Straße heute vom Oberstufenzentrum III (Hauswirtschaft und Ernährung) für etwa 2000 Auszubildende genutzt wird. Auf dem Geburtstagsempfang würdigte Hans-Peter Warnecke, der Agaphi-Ehrenvorsitzende, das Engagement der Jubilarin für den Aufbau der Innenstadt und überreichte ihr die Ehrennadel des Vereins.
Ilse Nowak ist zwar nicht mehr gut zu Fuß, geistig macht sie aber vielen Jüngeren etwas vor. Sie liest sehr viel, dazu braucht sie nach wie vor keine Brille. So entzifferte sie mühelos den klein gedruckten Absender eines Gratulationsschreibens, das ihr Bundespräsident Horst Köhler übersandte, und las den Text vor. Einen Fehler fand sie darin nicht – dies ist nämlich das Hobby der ehemaligen Lehrerin. Täglich liest Ilse Nowak mehrere Zeitungen haargenau und kreuzt jede Unkorrektheit an. E. Hoh
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