Landeshauptstadt: Ohne Tabus
Ab Samstag beraten die Stadtpolitiker, ob für Potsdams Wachstum Steuern und Gebühren erhöht werden
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Höhere Grundsteuern, höhere Parkgebühren, geringere Zuschüsse im Bereich Sport und Kultur: Die acht Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung müssen ab Samstag über eine Liste potenzieller Grausamkeiten debattieren. Dann treffen sich sämtliche Fraktionschefs mit Oberbürgermeister Jann Jakobs und Kämmerer Burkhard Exner (beide SPD), um über den anstehenden Doppelhaushalt für die Jahre 2015 und 2016 zu beraten.
Dafür hat die Stadtverwaltung nun 42 Vorschläge gemacht, wie Potsdam die anstehenden Millionen-Investitionen in neue Schulen, den Nahverkehr und die Straßen schultern kann. Erste Details sind bereits durchgesickert. „Es gibt keine Tabus“, bestätigte Kämmerer Exner am Dienstag auf PNN-Anfrage. Die PNN geben einen Überblick.
Die Ausgangslage
Das rasant steigende Bevölkerungswachstum in Potsdam kommt Potsdam teuer zu stehen. Allein in den kommenden zwei Jahren plant die Stadt für neue Schulen und die Sanierung bestehender Schulhäuser insgesamt 65 Millionen Euro, in den Jahren danach summieren sich die Ausgaben auf 160 Millionen. Für Kitas will die Stadt bis 2018 mehr als 16 Millionen Euro ausgeben. Dazu kommt wie berichtet ein neues 50-Millionen-Euro-Paket für den Nah- und Straßenverkehr, in dem etwa der Ausbau der Tramtrasse vom Bornstedter Feld zum Jungfernsee oder der Umbau des Leipziger Dreiecks enthalten sind. Exner verwies ebenso auf steigende Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen und 700 000 Euro, die die Stadtverwaltung jährlich zusätzlich in die Sanierung ihrer Gebäude an der Hegelallee und in der Friedrich-Ebert-Straße stecken will – inklusive des maroden Stadthauses. Auch für das Sportlerareal Luftschiffhafen seien künftig eine Million Euro mehr pro Jahr nötig, bestätigte Exner.
Dies alles muss finanziert werden – obwohl Potsdam in den kommenden Jahren durch das Auslaufen des sogenannten „Solidarpakt II“ immer weniger Schlüsselzuweisungen vom Bund erhält. Dieses Jahr erhält Potsdam aus diesem Topf noch 11,7 Millionen Euro, Tendenz sinkend. 2019 gibt es nur noch 4,2 Millionen – und dann nichts mehr. Deswegen müsse Potsdam schon ab 2016 einen ausgeglichenen Haushalt ausweisen, sagte Exner. Für 2018 plane er bereits einen „deutlichen Überschuss“.
Steuererhöhungen drohen
Um mehr einzunehmen schlägt Exner ausdrücklich vor, die Grundsteuer für Immobilien und Grundstücke erneut zu erhöhen – ab 2016 auf einen Hebesatz von 555. Jetzt liegt er bei 520, vor der von den Stadtverordneten im Frühjahr beschlossenen ersten Erhöhung bei 493. Auch nach der neuerlichen Erhöhung läge Potsdam immer noch deutlich hinter Städten wie Dresden, Berlin oder Schwerin, sagte Exner. Mit der Erhöhung würden sich für Mieter und Einfamilienhausbesitzer wiederum Mehrbelastungen zwischen ein bis zwei Cent pro Quadratmeter Wohnfläche und Monat ergeben, hieß es – es geht also um Beträge zwischen fünf und 30 Euro pro Jahr. Weitere Details nannte er nicht: „Wer diese Erhöhung aber nicht will, muss sagen, wo sonst eingespart werden soll.“ An dem Streit um die erste Grundsteuererhöhung – dazu wurde damals die Bettensteuer neu eingeführt – war kurz vor der Kommunalwahl die damalige Rathauskooperation aus SPD, CDU, Grünen und FDP gescheitert, weil sich die Union sträubte. Die neue, fast unveränderte Kooperation hatte sich darauf verständigt, die Erhöhung von Steuern oder Gebühren nicht auszuschließen – ihre Notwendigkeit aber jeweils plausibel nachzuweisen. Exner bestätigte, er werde zum Beispiel keine höhere Gewerbesteuer vorschlagen – die sei bereits vergleichsweise hoch.
Wer noch alles zahlen soll
Händler und Gastronomen müssen mit höheren Gebühren rechnen, wenn sie im Sommer draußen Tische bereitstellen. Exner bestätigte, mit höheren Gebühren für die Nutzung des öffentlichen Raums könne die Stadt ab 2015 rund 75 000 Euro mehr pro Jahr einnehmen. Ebenso stehe bei den Parkgebühren eine weitere Anhebung zur Debatte, so Exner. Nach PNN-Informationen ist es demnach denkbar, dass eine Stunde Parken in der Innenstadt künftig zwei Euro statt 1,50 Euro kosten könnte. „Wir müssen sehen, was noch sinnvoll ist“, sagte Exner.
In Arbeit sei auch eine Neufassung der schon mehr als zehn Jahre alten Kita-Gebührensatzung, die laut Exner unter anderem höhere Kita-Beiträge für Besserverdienende vorsieht. Bisher bezahlen alle Familien mit mehr als 78 000 Euro Jahreseinkommen den gleichen Höchstsatz.
Wo gespart wird
Unter anderem will Exner die Zuschüsse Potsdams für den Nahverkehr von 4,5 auf drei Millionen Euro pro Jahr reduzieren. Die Mindereinnahmen müsse der kommunale Verkehrsbetrieb (ViP) über den Querverbund mit den Stadtwerken finanzieren, sagte Exner. Ob das höhere Strom- oder Wasserpreise bedeuten könnte, ließ er auf Nachfrage offen. Schon im kommenden Jahr soll der ViP demnach weniger erhalten. In einer internen Einschätzung des Fachbereichs Wirtschaft der Stadtverwaltung für die Haushaltsdebatte heißt es wörtlich, es bestehe das Risiko, die Stadtwerke mit der geplanten Mittelkürzung „zu überfordern“.
Exner bestätigte auch, dass die Stadt den Betrieb von drei Sportstätten in Potsdam künftig den dort trainierenden Vereinen überlassen wolle, um Kosten zu sparen. Bisher ist der Kommunale Immobilienservice damit betraut. Betroffen sei etwa der Trainingsplatz von Turbine Potsdam in der Waldstadt, bestätigte Exner.
Zuletzt: Um Geld zu sparen soll auch das alljährliche Bürgerhaushaltsverfahren der Stadt nur noch alle zwei Jahre durchgeführt werden. Damit sollen 42 000 Euro gespart werden.
nbsp;Henri Kramer
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