Landeshauptstadt: Ohne Vorschuss, keine Arbeit
Das Landgericht Potsdam öffnete seine Türen und zeigte den „Gang einer Klage“
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Das Landgericht Potsdam öffnete seine Türen und zeigte den „Gang einer Klage“ Wer hier nicht arbeitet, der meidet diesen Ort. Ein Gericht betritt man entweder als Kläger oder Beklagter. Wie man es dann wieder verlässt, hängt oft vom Richterspruch ab. Doch gestern war alles anders. Das Landgericht Potsdam öffnete seine schweren Türen und stellte sich den neugierigen Blicken und Fragen interessierte Bürger. Doch die übten sich an diesem Tag in vornehmer Zurückhaltung. Gerade einmal zehn Gäste hatte der „Tag der offenen Tür“ bis zur Mittagszeit zu verzeichnen, so Alexander Richter, Rechtspfleger am Potsdamer Landgericht. Im Eingangsbereich präsentierte sich die Opferschutzvereinigung „Weißer Ring“. Erwartungsvolle Blicke der drei älteren Vertreter in Richtung Eingangstür. Doch der erhoffte Ansturm blieb weiterhin aus. Und rannten noch im vergangenen Jahr die Schulklassen dem Gericht fast die Türen ein, so Richter, ist die Nachfrage in diesem Jahr sehr gering. Gegen 11 Uhr machte sich der Rechtspfleger dann doch noch mit einer 12. Klasse auf den Weg durch die Instanzen. „Gang einer Klage“ nannte sich der Rundgang, der Einblicke geben sollte, in die Arbeit am Landgericht. Zuerst einmal ging es in Richtung Poststelle. Die hohen Flure im Dämmerlicht wirkten nicht gerade einladend. Das sonst so redselige Schülervolk war erstaunlich schweigsam in diesem hohen Haus der Gerichtsbarkeit. Hinter fast jeder geschlossenen Tür die einschüchternde Präsenz der Paragraphen. Das wirkt. In der Poststelle dann zwei Damen im Grün der Justizangestelltenuniform. Hier, so erklärte Richter, geht die schriftliche Klage ein und hier wird auch überprüft, ob der Prozessvorschuss bezahlt wurde. Denn ohne Vorschuss, keine Arbeit. Wem jedoch das nötige Geld für ein Klage oder Verteidigung fehle, der kann staatliche Prozesskostenbeihilfe beantragen. Von der Poststelle wandert dann die, mit einem Aktenzeichen versehene Klage, in die verschiedenen Geschäftsstellen. „Herzen des Gerichts“, nannte Richter sie. In diesen Büroräumen sah es dann ein wenig so aus, als würde jeden Moment der Umzugswagen erwartet. Kisten und Kartons stapelten sich in den Ecken und auch mitten im Raum. Doch kein Umzug war hier geplant, nur lauter Akten, die die Kisten und Schreibtische füllten. Vom Geschäftszimmer gehen die nicht selten immer dicker werdenden Akten zu den Richtern. Dann endlich kann es zur Verhandlung kommen, wenn sich die Parteien nicht schon im Vorfeld geeinigt haben oder der Beklagte erkannt hat, dass er keine Chance haben wird. Auch gegen das Vorurteil vom faulen, kaffeetrinkenden Beamten solle dieser „Tag der offenen Tür“ wirken, erklärte Alexander Richter nach der Führung. Ein wenig sollen die Besucher verstehen, wie hier gearbeitet wird, wo doch von vielen das Gericht noch immer auf „Staatsanwalt, Urteil und Gefängnis“ reduziert wird. Doch zuerst einmal musste Richter warten. Die nächste Schulklasse hatte sich erst für den Nachmittag angekündigt. Dirk Becker
Dirk Becker
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