Landeshauptstadt: Ohropax gegen Kaufhausmusik
Roos Versteeg hat umgeräumt. Sie hat ihre Pappkartons verstellt.
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Roos Versteeg hat umgeräumt. Sie hat ihre Pappkartons verstellt. Ihr selbstgebasteltes Regal steht jetzt direkt an der Wand. Und obwohl sie erst seit Mittwoch in den Bahnhofspassagen wohnt, musste sie sich erst einmal an daran gewöhnen. „Ich habe an die falsche Stelle gegriffen und gemerkt: Ach, der Schrank ist jetzt ja woanders.“ Die holländische Kunststudentin will bis morgen im Bahnhof wohnen, um herauszufinden, wo und wie das Wohnen entsteht. Mittlerweile erkennen sie die Menschen in den Passagen, kommen zu ihr und erzählen von sich. Und die Köche vom China-Imbiss grüßen sie.
Dass die 28-Jährige gestern umgeräumt hat, hatte auch den Grund, dass sie Besuch bekommen hat: Ihr Lebensgefährte und zwei Freunde haben sie besucht. „Ich hab gedacht: Oh, was mach ich jetzt?“ Schließlich sollten alle Platz haben und es sollte gemütlich sein. Ihre drei Besucher fanden das Heim für fünf Tage auch sehr schön, sagt sie. Und das findet Roos Versteeg mittlerweile auch – „obwohl das ja alles nur Pappkartons sind, eigentlich nichts Schönes“. Sie räume sogar regelmäßig auf. Gestern war sie aber auch einmal kurz auf der Freundschaftsinsel um der Künstlichkeit des Bahnhofsgebäudes für einen Moment zu entfliehen. „Wetter spielt hier drinnen gar keine Rolle.“ Sie hat sich Herbstblätter und Kastanien vom Spaziergang mitgebracht und sie als Schmuck auf die Kartons gelegt.
Für ihre Gäste hat sie Wein und Plastikbecher gekauft und für sich Ohropax gegen die Dauermusik aus den Lautsprechern in den Passagen. „Letzte Nacht habe ich gut geschlafen“. J. Wedemeyer
Am Sonntag zieht Roos Versteeg wieder aus. Die PNN begleiten ihre Kunstaktion jeden Tag.
J. Wedemeyer
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