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Sport: „Olympia ist eine völlig andere Größe“

Bob-Bundestrainer Carsten Embach aus Potsdam über Hoffnungen und Chancen seiner Athleten in Whistler

Stand:

Herr Embach, Sie wurden 2002 im Viererbob André Langes Olympiasieger und erleben jetzt die Olympischen Spiele in Vancouver als Bundestrainer der deutschen Männer-Bobs. Ist Olympia als Aktiver oder als Trainer schwieriger?

Schon als Trainer, zumal ich als solcher auch im Umfeld einiges zu organisieren habe. Ich wäre gern nochmal in der Position, selbst bei einem olympischen Wettkampf an den Start zu gehen. Als Trainer ist man ab einem bestimmten Punkt dazu verdammt, danebenzustehen und nur noch abzuwarten. Da fieber ich schon extrem mit, auch wenn man mir das vielleicht nicht anmerkt. Obwohl ich als Bundestrainer bereits drei Jahre Weltmeisterschaften und vier Jahre Weltcups miterlebt habe, ist Olympia doch eine völlig andere Größe.

Fliegen die deutschen Bobsportler gut vorbereitet nach Vancouver?

Davon gehe ich aus. Wir konnten nach dem letzten Weltcup noch einen Athletik-Lehrgang in Kienbaum absolvieren, obwohl das dortige Bundesleistungszentrum eigentlich ausgebucht war. Deshalb noch einmal ein Dankeschön dorthin. In Altenberg haben schließlich alle Piloten nochmal ihre Geräte getestet und sind gefahren. Danach sind die Bobs am Wochenende verladen worden. Jetzt müssen sie nur noch unbeschädigt an der Olympiabahn Whistler ankommen.

Was für eine Bahn erwartet die Sportler in Whistler?

Die schnellste Bahn der Welt, das wissen unsere Piloten. Sie ist Olympia absolut würdig. Wir haben in der Vergangenheit dort zweimal 14 Tage trainiert. Die Kanadier sind sicher ein bisschen im Vorteil, weil sie vor Olympia dort die eine oder andere Einheit mehr absolviert haben. Aber das ist das Heimrecht, das jede Mannschaft nutzt.

In der Vergangenheit gab es dort auch einige Stürze 

Richtig. Aber angesichts der Ausbildung unserer Piloten gehe ich davon aus, dass wir das meistern werden. Für alle Piloten, die dort oben am Start stehen – das betrifft auch Kanada, die USA und die anderen Mitfavoriten – geht es darum, viermal schnellstmöglich diese schwierige Bahn hinunterzukommen. Die Bahn steht, wie sie steht, und wir werden dort mit unseren Fähigkeiten und Möglichkeiten versuchen, so gut wie möglich abzuschneiden. Es kommt dabei auch darauf an, den Hype, der um die olympischen Rennen gemacht wird, in den entscheidenden Augenblicken völlig auszublenden.

Was ist für Deutschlands Bobs in den drei Olympia-Entscheidungen Damen-Zweier sowie Herren-Zweier und -Vierer möglich?

Eine beliebte Frage. Wir gackern nicht, bevor die Eier gelegt wurden. Unsere Kampfziel ist es, in jeder Disziplin eine Medaille zu gewinnen. Dazu sollten wir auch in der Lage sein. Über die Farbe der Medaille möchte ich aus Prinzip und vielleicht auch aus Aberglaube nicht reden.

André Lange gehört mit seinem Stamm-Anschieber Kevin Kuske zu den klaren Favoriten - fiebern Sie auch angesichts Ihrer eigenen Erfolge mit den beiden ein bisschen mehr mit diesem Schlitten als mit den anderen mit?

Das ist durch die Verbindung, die ich zu beiden habe, sicher so. Ich bin ja auch Kevins Heimtrainer in Potsdam, und mit André bin ich persönlich gut befreundet. Dadurch ist die Verbundenheit sicher besonders groß. Als verantwortlicher Bundestrainer für die Herren behandle ich aber alle Sportler gleich. Ich bin für alle gleich verantwortlich und bemühe mich deshalb genauso um das Team Angerer und um das Team Florschütz. Meine Freundschaft mit André hat mit dem Dienstlichen nichts zu tun. Wenn wir mal abends zusammensitzen, reden wir über alles Mögliche, aber nicht über Bobsport.

Kevin Kuskes Start in Whistler dürfte nach seinen drei vorherigen Olympiasiegen keinen überrascht haben. Was sagen Sie dazu, dass mit Andreas Barucha ein zweiter Potsdamer dabei sein wird.

Das hat mich sehr gefreut. Andreas ist einer, der sich sehr sehr zurückhaltend so organisierte und trainierte, dass er schließlich zu den Leistungsträgern seiner Mannschaft und zum festen Bestandteil des Florschütz-Teams wurde. Das war lange auch bei Mirko Pätzold aus Potsdam so, ehe er durch seine Verletzung nicht mehr sein Leistungsvermögen beweisen konnte. So wurde er, was sicher traurig ist, nicht für das Olympia- Team nominiert. Thomas Pöge und Alexander Metzger aus unserer Potsdamer Trainingsgruppe konnten sich beim Leistungstest am 3. Januar nicht durchsetzen. Das tut mir leid für die beiden, aber es ist nun einmal so, dass mit einer Anschubzeit auch eine klare Einordnung der individuellen Leistung erfolgt – und so konnten sich die beiden damals nicht für einen der drei Olympia-Bobs empfehlen. Beide sind Sportsmänner genug, das auch so zu sehen.

Cheftrainer Raimund Bethge wird nun auch an der Olympia-Bahn sein, nachdem er nach seinem schweren Unfall 2005 auf der Bahn in Cesana zunächst die Reisestrapazen nach Kanada nicht auf sich nehmen wollte. Warum hat das Bob-Team so darum gekämpft, dass der aus Schwedt stammende frühere Potsdamer Leichtathlet mitkommt?

Raimund ist ganz einfach das Gesicht dieser Mannschaft. Er steuert im Hintergrund die Geschicke in die richtige Richtung und gibt mit seiner ruhigen Art auch immer ein Stück Sicherheit, gerade bei solchen Veranstaltungen wie Olympischen Spielen. Ich selbst habe in den vergangenen vier Jahren sehr gern unter Raimund gearbeitet, der mir die Verantwortung für den Herrenbereich übertragen hatte.

Das Interview führte Michael Meyer.

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