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Aus dem GERICHTSSAAL: Opas spätes Geständnis

75-Jähriger wollte Enkel vor Strafe bewahren

Stand:

Paul P.* (75) hat sich für seinen Auftritt vor Gericht mächtig herausgeputzt. Sein kariertes Jackett erinnert an das Outfit von Sherlock Holmes. Die rote Krawatte ist perfekt gebunden, das Haar korrekt gescheitelt. Er sieht nicht aus wie ein Mann, der sich schnöde über geltendes Recht hinwegsetzt. Nur die Liebe zu seinem Enkel Patrick brachte den Rentner auf die Anklagebank. Ihn wollte er vor der Strafverfolgung schützen.

Am 5. Januar 2007 lieh sich Patrick P.* Opas BMW für eine Spritztour. Gegen 18.30 Uhr krachte er mit dem Gefährt in einen Container am Straßenrand. Patrick gab Gas in der Hoffnung, niemand habe sein Missgeschick bemerkt. Doch aufmerksame Passanten notierten das Kennzeichen des Unfallautos und informierten die Polizei. Am 21. Februar erhielt Paul P. Post von den Ordnungshütern. Er wurde mit dem Vorwurf der Unfallflucht konfrontiert. Der Pensionär gab zu, den Wagen an besagtem Tag gelenkt zu haben.

Anhand der Aussage der Augenzeugen hegten die Beamten wohl gewisse Zweifel, ob der ältere Herr wirklich amSteuer saß. Als Paul P. bei einer weiteren Befragung von der Polizei auf die Konsequenzen einer Falschaussage hingewiesen wurde, bekräftige er seine Angaben noch. „Mein Mandant wird sich zum Anklagevorwurf nicht äußern“, betont Rechtsanwältin Alexa Graeber zu Prozessbeginn. Ob Enkel Patrick mit der Figur eines Bodybuilders gegen seinen Opa aussagt, scheint fraglich. „Käme eventuell eine Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld in Frage?“, wagt die Verteidigerin einen Vorstoß. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft geht da nicht mit, verweist auf das besondere öffentliche Interesse. Amtsrichterin Birgit von Bülow ist der Ansicht, der Rentner müsse künftig nicht mit dem Makel einer Vorstrafe durchs Leben gehen. Sie kann sich eine Verfahrenseinstellung gegen eine Geldbuße vorstellen. „Dafür bedarf es allerdings eines Geständnisses“, stellt sie klar. „Es gibt Menschen, die denken, bloß weil sie Halter des Pkws sind, mit dem etwas passiert ist, müssen sie die Verantwortung für die Folgen tragen“, schiebt sie als Denkanstoß nach. Paul P. und seine Verteidigerin verlassen den Saal für eine kurze Besprechung. Dann erklärt die Rechtsanwältin: „Mein Mandant gibt den Vorwurf zu.“ Paul P. kommt mit 300 Euro Geldbuße davon. Über die darf sich die Volkssolidarität freuen. (*Name geändert.) Hoga

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