Landeshauptstadt: Oper im Kiez
Kultur für alle: Die Kammerakademie Potsdam inszeniert mit Drewitzer Grundschülern eine Opernaufführung im neuen Konzertsaal der Schule
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„Das fühlt sich ganz schlecht an. Wie ein Gewitter, das nicht aufhört“, sagt Greta. In einem Theaterstück, das die Fünftklässlerin mit ihrer Freundin Sarah aufgeführt hatte, haben die beiden vorgeführt, wie eine Freundschaft zerbricht. Ruth Johanna Benrath ermuntert die Schüler der Grundschule „Am Priesterweg“ Worte für Gefühle – für Trauer, Schmerz, aber auch Freude – zu finden und sie in Bilder zu fassen. Zwei Tage lang erarbeitet die Schriftstellerin in einer Schreibwerkstatt gemeinsam mit zwölf Kindern kleine Texte zum Thema „Versprechen“. Der runde Tisch im Klassenzimmer liegt voller rosafarbener Karteikärtchen, auf denen die Mädchen und Jungen der fünften und sechsten Klassenstufe einzelne Wörter, Sätze oder kleine Geschichten zu den Themen Freundschaft und Verrat festgehalten haben. „Wie eine warme Dusche“ – so fühle sich Freundschaft an, heißt es etwa auf einem Kärtchen.
Der Schreibworkshop ist der Auftakt zum diesjährigen Opernprojekt, das die Kammerakademie Potsdam an der Drewitzer Grundschule durchführt. Parallel zu den Arbeiten an der Händel-Oper „Jephta“, die die Kammerakademie als diesjährige Potsdamer Winteroper erstmalig im November aufführen wird, erarbeitet sie mit den Schülern ein ganz eigenes Opernprojekt. Die in der Bibel festgehaltene Geschichte von Jephta, der wegen eines Versprechens an Gott seine eigene Tochter opfern soll, dient dabei als Ausgangspunkt. Mit den Textbausteinen der Schüler erstellt Ruth Johanna Benrath das Libretto - die Textvorlage für die Oper. In weiteren Workshops werden Kinder aller Klassenstufen in den folgenden Wochen und Monaten gemeinsam mit Musikern, Kostümbildnern, Komponisten und weiteren Künstlern eine komplette Opernaufführung inszenieren. „Wir wollen in den verschiedenen Workshops den Kindern jedes einzelne Gewerk einer Oper vermitteln“, sagt Projektleiterin Ursula Weiler von der Kammerakademie. Die Schüler werden selbst einfache Instrumente bauen, Kostüme entwerfen, komponieren und natürlich singen und schauspielern.
Das Opernprojekt an der Grundschule „Am Priesterweg“ erlebt in diesem Jahr bereits seine vierte Auflage und gehört damit schon fast traditionell zum Schulleben. Zukünftig möchte die Kammerakademie ihr Engagement an der Schule noch weiter verstärken. „Die Zusammenarbeit wird getragen von einer gegenseitigen Verbundenheit“, betont Nadin Schmolke von der Musikvermittlung der Kammerakademie. Die gemeinsamen Projekte seien eine gute Möglichkeit, auch die Familien der Kinder zu erreichen und in das Schulleben zu integrieren. „Der Zugang zu Kunst und Kultur soll hier ganz selbstverständlich und natürlich sein“, erklärt Schmolke. Auch aus diesem Grund verlegt die Kammerakademie einen Teil ihrer Proben zur Winteroper in den neuen Konzertsaal der Stadtteilschule. Dieser erlaubt nicht nur musikalische Aufführungen unter besten akustischen Bedingungen, sondern eben auch professionelle Orchesterproben. „Wir werden die Türen öffnen, die Kinder dürfen dabei sein und zuhören“, so Schmolke. Bereits zur Neueröffnung der Schule zu Beginn des Schuljahres hatte die Kammerakademie im Drewitzer Kiez Präsenz gezeigt: Gemeinsam mit über 300 Kindern hatten die Musiker die „Ode an die Freude“ aufgeführt.
Das Opernprojekt wird am 28. November im Konzertsaal der Stadtteilschule aufgeführt. Für die wachsende Partnerschaft zwischen Schule und Kammerakademie mangelt es derweil nicht an Ideen. „Es geht weiter“, verspricht Nadin Schmolke. Noch bis zum 30. August sind alle Drewitzer dazu aufgerufen, selbst Texte zum Thema „Versprechen“ zu verfassen und an versprechen@kammerakademie-potsdam.de zu schicken. Eine Jury wählt aus, welche Texte in das Opernprojekt einfließen werden. Heike Kampe
Heike Kampe
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