Aus dem GERICHTSSAAL: Opfer sagte aus Angst nicht aus Mildes Urteil nach brutaler Schlägerei
Roman R.* hat sichtlich Angst, gegen das Duo auf der Anklagebank auszusagen.
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Roman R.* hat sichtlich Angst, gegen das Duo auf der Anklagebank auszusagen. Der 36-Jährige wiegelt ab, spricht von „einem kleinen Handgemenge“ am Abend des 13. Juni 2012. An Details kann er sich angeblich nicht mehr erinnern. Richterin Reinhild Ahle nimmt ihm das nicht ab. „Ich möchte, dass Sie vernünftige Angaben machen. Schließlich soll es um räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung gehen“, gibt sie zu bedenken. „Werden Sie öfter in Ihrer Wohnung zusammengeschlagen?“, hakt der Vertreter der Staatsanwaltschaft nach. Überfallopfer Roman R. wird bockig, will nun gar nichts mehr sagen. Auch die angedrohte Beugehaft kann ihn nicht schrecken. Der Staatsanwalt beantragt, die Angeklagten Stefan S.* (31) und Marcel M.* (28) zu je sieben Monaten Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, sowie 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit zu verurteilen.
Das Urteil des Schöffengerichts fällt überraschenderweise wesentlich milder aus. Von räuberischer Erpressung ist nun keine Rede mehr, dafür von versuchter Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Marcel M. soll mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15 Euro – insgesamt 1080 Euro – sanktioniert werden. Sein vermeintlicher Komplize Stefan S. wird freigesprochen.
Zur Vorgeschichte: Angeblich schuldete Roman R. seinem Bekannten Marcel M. 2000 Euro. Als der sein Geld zurückforderte, wurde er von dem Arbeitslosen monatelang vertröstet. Am Tatabend wollte Marcel M. Nägel mit Köpfen machen, nahm seinen Kumpel Stefan S. zur Unterstützung mit und klingelte bei dem säumigen Zahler. Roman R. bestritt jegliche Verbindlichkeit. Laut Anklage sollen die Angeklagten den Wohnungsinhaber daraufhin mit zahlreichen Faustschlägen malträtiert, ihn erheblich im Gesicht sowie am Oberkörper verletzt haben. Das ärztliche Attest in der Gerichtsakte spricht Bände.
„Stefan hat mich nicht geschlagen. Das haben die bei der Polizei falsch aufgeschrieben“, sagt Roman R. „Und mit Marcel bin ich immer noch befreundet. In Wahrheit schuldete ich ihm 200 Euro. Die habe ich inzwischen zurückgezahlt.“ Eigentlich habe Marcel keine Gewalt angewendet, ihn höchstens ein bisschen geschubst. Dabei sei sein T-Shirt kaputt gegangen. „Inzwischen hat er sich zweimal bei mir entschuldigt“, sagt Roman R.
Als die Freundin des Opfers per Handy die Polizei alarmierte, flüchteten die Angreifer. Ein als Zeuge gehörter Beamter erinnert sich: „Der Geschädigte sagte, er sei von zwei Personen angegriffen worden. Er hatte eine Schwellung am Kopf und wollte selbstständig einen Arzt aufsuchen.“ Ob und in welcher Höhe die vermeintliche Geldforderung bestand, bleibt unklar. Allerdings räumt Marcel M. „eine Auseinandersetzung“ mit Roman R. ein. Stefan S. sei dazwischengegangen, um zu schlichten.
„Das ganze Geschehen zeugt von erheblicher Brutalität. Offenbar ging es um dubiose Geschäfte. Es ist uns nicht gelungen, deren Hintergrund aufzuklären“, konstatiert Richterin Ahle. Zugunsten des Angeklagten Stefan S. sei davon auszugehen, dass er zwar präsent war, sich aber nicht an der Prügelei beteiligte. (*Namen geändert.) Hoga
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