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Landeshauptstadt: „Ordentlich berlinern“

Am 3. März führen Schüler des Helmholtz-Gymnasiums das Musical „Linie 1“ auf

Stand:

Nur einige Bänke, ein Kiosk, ein Einkaufswagen und ein paar Bierflaschen stehen auf der Bühne. Dazwischen: Ein staunendes Mädchen, umgeben von Pennern, BVG-Arbeitern und Punks, die „6 Uhr 14 Bahnhof Zoo“ singen. Plötzlich gibt es eine Unstimmigkeit: „Moment“, fragt eine Nachtschwärmerin, „sollen wir ‚In einer fremden Stadt’ auch mitsingen?“

Die Proben für das Musical „Linie 1“, das am 3. März Premiere im Nikolaisaal haben wird, sind im vollen Gange. Auf der Bühne werden aber keine professionellen Schauspieler und Sänger stehen, sondern Schüler aus dem Leistungskurs Musik des Potsdamer Helmholtz-Gymnasiums, Jahrgangsstufe 13.

„Nachdem wir uns das Musical in Berlin angesehen hatten, waren alle von dem Stück begeistert“, erzählt Kursleiter Helgert Weber. „Linie 1“, das zu den erfolgreichsten und meistgespieltesten deutschen Musicals überhaupt zählt, wird damit erstmals in Potsdam aufgeführt. Nach „Der König der Löwen“ und „Die Drei-Groschen-Oper“ ist es bereits die dritte Musicalproduktion der Schule, welche die Zuschauer diesmal in das geteilte Berlin Mitte der Achtziger verschlägt: Das Mädchen Natalie flieht aus der Provinz und fährt allein nach Berlin um ihre große Liebe zu treffen. Bis es dazu kommt, macht sie jedoch Bekanntschaft mit Drogendealern, ultrakonservativen Rentnern, Türken, Schulschwänzern, Punks, Zuhältern, Arbeitslosen, Spinnern, Skins und anderen schrägen Typen – der alltägliche Berliner Wahnsinn sozusagen.

Dementsprechend groß ist das Ensemble, das sich aus 17 Darstellern, einem 13-köpfigen Chor und einer fünf Mann starken Band zusammensetzt – alle Schüler des Helmholtz-Gymnasiums. „Eine Schwierigkeit war natürlich, dass die Schüler nicht nur schauspielern, sondern auch singen mussten; das mussten wir parallel üben“, sagt Weber. Ein Problem, dass sich jedoch relativ schnell erledigt hatte: Wer bei den Proben zusieht, wird nur wenige Unterschiede zu vielen professionellen Produktionen feststellen.

Die Kulissen sind übersichtlich: Einige Bänke, auf den sich Obdachlose fläzen und Künstler Gedichte schreiben, stellen den Bahnhof dar. Schnell in eine Reihe gestellt, wird aus den Bänken eine U-Bahn – der Hauptschauplatz des Stücks. Die Kostüme stammen meist aus dem heimischen Kleiderschrank oder aus dem Fundus des Fachs „Darstellendes Spiel“.

„Das Stück hat einen schönen, hintergründigen Humor und tolle Dialoge“, sagt die 18-jährige Lea, die die Hauptrolle Natalie spielt. Als solche hat sie besonders viele Songs mitzusingen, aber dass sei gar nicht das größte Problem an ihrer Rolle gewesen, meint Lea: „Am schwierigsten ist es, sich wirklich in die Figur hineinzuversetzen und in die richtige Stimmung zu kommen.“

An dem über zwei-stündigem Stück wurden nur wenige Textkürzungen vorgenommen, kein Original-Song wurde weggelassen, Modernisierungen oder inhaltliche Veränderungen gibt es nicht: „Die Schüler meinten, es solle ruhig im Jahr 1986 spielen, da dieses Ost-West-Denken ja immer noch vorhanden ist.“ Lea selbst findet das Stück, trotz leichter Übertriebenheit, ziemlich authentisch.

Doch jetzt heißt es aufpassen – Regisseurin Dinah Pfaus Schilffarth macht eine Ansage: „Ihr müsst unbedingt vor den Bänken auftreten und nicht dahinter, die verdecken euch sonst!“ Die Proben dauern nun schon über ein Jahr an – relativ lang für eine Schulproduktion. „Ja“, bestätigt die 18-jährige Henrike, die das Mädchen Maria spielt, „es kam schon oft vor, dass wir nach besonders intensiven Proben immer noch in diesen Rollen waren und so ein bisschen rotzig drauf waren. Manche verwenden auch Phrasen ihrer Figuren im Alltag.“ Besonders mag sie an dem Musical das Berlinische: „Es gibt kaum Musicals, die einen einzigen Dialekt so durchhalten – und wir versuchen auf der Bühne natürlich auch ordentlich zu berlinern!“

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