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Landeshauptstadt: Orient im Nebel

Arabische Nacht im Filmcafé mit Wasserpfeifen und Bauchtanz

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Arabische Nacht im Filmcafé mit Wasserpfeifen und Bauchtanz von Patrick Steller Von ekstatischen Trommelwirbeln angetrieben balanciert Fatima – „die Friedensstifterin“ – einen Säbel auf dem Kopf, während sie ihr Becken kreisen lässt. Sie geht auf die Knie und räkelt sich am Boden, der Säbel bleibt dabei weiter auf dem Kopf. Sie lächelt und entlockt dem arabischen Teil des Publikums Gefühlsausbrüche, so dass diese aufspringen und heftig klatschen und jubeln. Saffieje – „die Reine“ – betritt das Schauspiel. Sie scheint zu schweben. Mit ihrem feinen, zurückhaltendem Bauchtanz wirkt sie unnahbar. „Für das arabische Auge ist diese Art des Tanzes sehr erotisch“, sagt sie später. Anders als der freche „Tabledance“ wirkt die ganze Darbietung doch weitaus sinnlicher. Der libanesische DJ, inzwischen auch ganz Feuer und Flamme für die beiden Tänzerinnen des Anjum-Ensembles, skandiert unverständliche Anfeuerungsrufe. Fouad Abdallah, der in seinem „Filmcafé“ diesen arabischen Abend organisiert, lässt auch die Hüften kreisen. Fatima und Saffieje fordern die Gäste auf mitzutanzen. Als sich die Tanzfläche immer mehr füllt, wirkt das ganze wie eine orientalische Version der berühmten „Dirty Dancing“- Schlussszene. Während so mancher Herr in Jackett und Krawatte probiert nicht ganz so steif zu wirken, versuchen die weiblichen Gäste den Bauchtänzerinnen nachzueifern. So mancher Mann wäre wohl hocherfreut, wenn alle Frauen Bauchtanzkurse belegen würden. Als am Freitag überall in Potsdam in die EU-Osterweiterung hineingefeiert wird, zelebriert Fouad Abdallah sein einjähriges Bestehen als Chef des Filmcafé mit einem orientalischen Abend. „Ich möchte den Gästen zum Jubiläum etwas Ungewöhnliches bieten“, sagt er. Bis auf den letzten Stuhl ist sein Restaurant gefüllt. „Ein multikulturelles Publikum bewirte ich heute Abend,“ so Abdallah, „mit Arabern aus Berlin, einigen Geschäftsleuten und Potsdamern – auch der libanesische Ehrkonsul ist eingeladen.“ Abdallah arbeitete bereits in Mannheim, Frankreich und in den afrikanischen Staaten Benin und Gabun als Küchenchef. Nicht nur die traditionelle libanesische Küche erfordert Neugier und Mut für Neues, auch die Shishas – eine orientalische Wasserpfeife, die auf jedem Tisch stehen, sorgen den ganzen Abend für die immer gleichen Fragen. „Wird man davon jetzt high?“, fragt eine Frau im knappen Abendkleid. Sofort bricht Gelächter in der fünfköpfigen Frauenrunde aus. Ein freundlicher Libanese mit Stirnglatze ist den ganzen Abend damit beschäftigt, Kohle und Fruchttabak aus Äpfeln, Kirschen und Melonen nachzufüllen. Überall blitzen dann und wann Fotoapparate – später wird vermutlich trotzdem behauptet, man hätte gekifft. Fouad Abdallah gibt sich sichtlich Mühe seine Gäste in eine andere Welt eintauchen zu lassen. Geigen, Nay-Flöten, Darabukka-Trommeln und Kastenzither – für europäische Ohren klingt die abendländische Musik immer etwas schräg und ungewohnt, haben doch die Araber doppelt so viele Töne in eine Oktave reingequetscht. Palmen schmücken die terrakotta-farbigen Wände und fruchtiger Tabakrauch breitet sich im schummrigen Kerzenlicht aus. Gegen Mitternacht verwandelt sich der DJ in einen Sänger und wird von seinem Mitmusiker am Keyboard begleitet. Jener fegt wie ein Derwisch über die Tasten, während der Sänger dasselbe mit seiner Stimme anstellt. Doch drei Shishas bleiben den ganzen Abend unberührt in der Ecke stehen. „Damit kann man nur richtigen Tabak rauchen“, sagt Fouad Abdallah lächelnd. Der Geruch sei zigarrenartig und der Großteil der deutschen Gäste würde das bestimmt nicht mögen. Dann also doch wieder der Griff in eine Schale mit Erdnüssen und Oliven – als Abwechslung, wenn der fruchtige Tabak die Geschmacksknospen überstrapaziert.

Patrick Steller

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