Landeshauptstadt: Packen Sie’s an, Frau Beigeordnete
Iris Jana Magdowski, neue Beigeordnete für Kultur, Schule und Sport, hat diese Woche ihren ersten Arbeitstag. Eine Liste mit den dringendsten Aufgaben:
Stand:
Iris Jana Magdowski, 56 Jahre, CDU-Mitglied sowie Rechtsanwältin mit den Schwerpunkten Kultur- und Verwaltungsrecht – sie ist ab dieser Woche Potsdams neue Beigeordnete für Kultur, Sport und Schule. Die Vita der Juristin weist Stationen aus wie Regierungsrätin bei der Bezirksregierung Detmold, Beigeordnete der Stadt Bielefeld, Beigeordnete für Kultur- und Hochschulangelegenheiten der Stadt Duisburg und von 1997 bis 2005 Beigeordnete für Kultur, Bildung, Medien und Sport der Landeshauptstadt Stuttgart. Seit 2002 hat sie eine Gastprofessur an der TU Wuhan in China und seit 2006 ist sie Mitglied des Vorstandes der Deutschen Schillerstiftung von 1859. Ab jetzt wird sie für acht Jahre Beigeordnete der Landeshauptstadt Potsdam sein. Dafür hat Iris Jana Magdowski ihren Wohnsitz verlegt und zuvor einen Bootsführerschein gemacht – um in ihrer Freizeit Potsdams Gewässer kennenzulernen. Wie sie die Situation in ihrem Aufgabengebiet sieht, hat sie in ihrer Antrittsrede im April deutlich gemacht: Sie sprach von „Baustellen im Kulturbereich“; sie sei zudem „gespannt auf den Bereich der Soziokultur“ und angesichts vieler junger Familien in Potsdam werde „ein wohnortnahes Schulangebot“ gebraucht. Und der Sport? Sowohl den Profi- als auch den Breitensport in Potsdam sieht sie in einer „Topsituation“. Doch nicht alles glänzt – eine Liste von dringend zu lösenden Problemen, die auf Iris Jana Magdowski warten, haben PNN-Redakteure zusammengestellt.
Die Kultur
Zu tun wird Iris Jana Magdowski in den kommenden Monaten mehr als genug haben. Vor allem auch in der Kultur. Beneiden werden sie darum wohl nur die Wenigsten. Denn Iris Jana Magdowski muss in ihrer zukünftigen Arbeit diese heillose Balance zwischen Anspruch auf der einen und den geringen finanziellen Mitteln auf der anderen Seite bewerkstelligen. Im Grunde das alte Lied, das auch sie anstimmen muss und dem sie hoffentlich ein paar eigene Akzente hinzufügen kann. Iris Jana Magdowski wird sich mit dem Hans Otto Theater, dem Nikolaisaal und der Kammerakademie zusammensetzen, um die nächsten Drei-Jahres-Verträge mit den städtischen Zuwendungen auszuhandeln. Eine erste Bewährungsprobe, denn sowohl Hans Otto Theater, Nikolaisaal als auch die Kammerakademie werden mehr Geld brauchen und fordern. Zu empfehlen ist ein abendlicher Spaziergang über Potsdams Vorzeige-Kulturstandort in der Schiffbauergasse. Kulturelles Leben wird Frau Magdowski hier suchen müssen. Und es wird nicht viel brauchen, um zu erkennen, dass an diesem Standort noch viel passieren muss, bis hier wirklich von einem Vorzeige-Kulturstandort die Rede sein kann. Potsdam- Museum und Potsdam-Forum ab 2012 zusammen im Alten Rathaus, die Bibliothekssanierung, die Bildende Kunst, endlich ein einheitliches Ticketsystem für alle Veranstaltungshäuser in dieser Stadt – Iris Jana Magdowski hat viel zu tun. Dabei muss sie den Großen als auch den Kleinen gerecht werden. Das alles wird sich kaum einfach gestalten. Doch in einem Fall kann sie ganz leicht punkten. Indem sie Präsenz zeigt. Ob bei Theatervorstellungen, Konzerten, Ausstellungen – es wäre mehr als ein deutliches Zeichen, wenn Potsdams Kulturbeigeordnete sich auch anschaut, was in dieser Stadt an Kultur gemacht wird. Nicht nur die Pflichtveranstaltungen besuchen, sondern ein ehrliches Interesse an der Kultur zeigen. Von ihrer Vorgängerin hatte man sich ein solches Interesse in all den Jahren vergeblich gewünscht. Dirk Becker
Die Jugendkultur
Einige Hausaufgaben hat die neue Beigeordnete auch auf dem diffizilen Feld der Soziokultur zu erledigen. Deren Potsdamer Akteure sind durchaus engagiert, aber nicht immer pflegeleicht im Sinne der Verwaltung. Zwar sind manche der ärgsten Baustellen bereits beseitigt – die Insolvenz der beiden großen Soziokulturzentren Lindenpark und Waschhaus ist überstanden, die neuen Träger mit mehr Fördergeld ausgestattet. Doch spannend bleibt es allemal: denn der Kulturbeigeordneten dürfte es nicht egal sein, dass der Lindenpark auf der Suche nach seinem Profil noch ziemlich schlingert zwischen Familienzentrum, Rockschuppen und Kindergarten mit angeschlossenen Bandprobenräumen. Auch für die soziokulturelle Szene in der Schiffbauergasse, die wegen der sterilen, totsanierten Atmosphäre unter fehlender Akzeptanz leidet, sollte „die Neue“ gemeinsam mit den Akteuren brauchbare Ideen entwickeln. Die wohl wichtigsten Aufgaben für Iris Jana Magdowski im soziokulturellen Bereich in den ersten 100 Tagen liegen allerdings bei zwei anderen, immer noch schwebenden Soziokultur-Projekten: Sowohl die Umsetzung des „Freiland“-Konzepts an der Friedrich-Engels- Straße als auch die Suche nach einer dauerhaften Lösung für das alternative Kulturprojekt Archiv bedürften Frau Magdowskis Interesse. Schließlich wird es spannend, wie sich die aus Stuttgart kommende CDU-Politikerin mit den verschiedenen Jugendgruppen auseinandersetzen wird: Kooperation oder Ausschluss? Vertreter der Alternativen Jugendkultur Potsdam (AJKP) beispielsweise sind sicherlich gespannt, wie die neue Kulturbeigeordnete die AJKP-Vorschläge bewerten wird. Immerhin harren diverse Ideen des ausgearbeiteten Zehn-Punkte-Plus-Plans noch der Umsetzung, beispielsweise ein szenespezifisches Grafitti-Konzept für die Stadt.Kay Grimmer
Die Schulen
Wer sind die Freunde und wer die Feinde? In der Schulentwicklung ist das nicht immer leicht auszumachen. Weil jede Partei glaubt, das beste und einzig richtige Konzept gegen die Bildungsmisere zu haben. Auch die Potsdamer Eltern sind in Lauerstellung. Wer ist die Neue, die nach Gabriele Fischer das Steuer in der Potsdamer Schulverwaltung übernimmt. Jenem Bereich, in dem die Zuständigkeiten in den letzten Jahren häufig gewechselt haben und in dem aktuell eine Misere nach der anderen Empörung auslöst. Beispielsweise der mangelnde Brandschutz an Schulen, weswegen einzelne Räume sogar gesperrt werden mussten. Der schleppende Ausbau einiger Schulstandorte mit Campusgedanke, überfüllte Grundschulen in der Innenstadt und im Bornstedter Feld, fehlende Hortplätze in Babelsberg und der nördlichen Innenstadt, die drohende Abberufung einer engagierten Schulleiterin im Problembezirk Drewitz sowie ein nicht ganz ausgewogener Schulmix aus Oberschulen, Gesamtschulen und Gymnasien. Dazu kommt der Wille der Eltern nach einem kostenlosen beziehungsweise ermäßigten Schülerticket für den öffentlichen Nahverkehr. Prioritäten sind da kaum zu setzen – alle Aufgaben sind gleichsam wichtig. In 100 Tagen wird das nicht zu schaffen sein, zumal Schule ein lebendiger Ort ist, an dem sich immer wieder neue Herausforderungen ergeben. Dabei steigt Iris Jana Magdowski ein, nachdem die wichtigste Entscheidung gerade gefallen ist: der Schulentwicklungsplan für die nächsten sechs Jahre ist beschlossen. Nun gilt es, ihn mit Leben zu erfüllen – was wohl noch schwieriger sein wird als die Aufstellung.
Der Sport
Wer sich mit den Sportvereinen anlegt, hat in dieser Stadt ziemlich bald verloren – wer es schafft die Wortführer hinter sich zu bringen, kann alles erreichen. Ein no go dabei: Sportstättennutzungsgebühren. Jahrelang hat Amtsvorgängerin Gabriele Fischer sich schützend vor die Sportvereine und ihre Mitglieder gestellt und somit Sportstättennutzungsgebühren verhindert. Es liegt nahe, dass die Finanzleute innerhalb der Verwaltung aufgrund der Krise und der Einnahmeausfälle im Haushalt nun versucht sind, „die Neue“ zu agitieren und die Notwendigkeit der geldbringenden Last zu erklären. Die Vorlagen dazu sind mit Sicherheit nie wirklich verschwunden, sondern liegen in den Schubladen der Finanzabteilung. Dabei hat Iris Jana Magdowski, der der Ruf einer resoluten Frau vorauseilt, gleich Gelegenheit sich zu bewähren. In Aufbauarbeit: Denn in Potsdam gibt es unter anderem zu wenig gedeckte Sportflächen, wie es in der Verwaltung heißt. Auf deutsch: es fehlen Fußballplätze. Fünf bis sechs Stück werden laut einem Gutachten von der Uni Potsdam aus dem Jahr 2003 noch gebraucht. Obwohl die Analyse sechs Jahre alt ist, die Zahlen sind noch aktuell. Zudem steht die Sanierung des Karl-Liebknecht-Stadions und wirklich große Investitionen in den Sportpark Luftschiffhafen an. Etwa 33 Millionen Euro sollen dort in den nächsten drei Jahren verbaut werden, allein 16 Millionen Euro für eine neue Sporthalle mit Zuschauerplätzen. Potsdam ist eine Sportstadt – dies gerät bei der Präsentation Potsdamer Vorzüge allzu oft in Vergessenheit. Am schwierigsten wird es daher wohl, die richtige Balance zu finden – zwischen Künstlern, Schülern und Eltern sowie Sportlern. Jan Brunzlow
Dirk Becker
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