Landeshauptstadt: „Pädagogisch nicht zu verantworten“
Schulleiter soll Eltern abraten, seine Schule zu besuchen / Fischer kritisiert staatliches Schulamt
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Ein Dissens zwischen Land und Stadt offenbart sich bei der Grundschulplanung: Das Schulamt hat den Schulleiter der Babelsberger Goethe-Gesamtschule aufgefordert, einigen Eltern zu raten, die ihre Kinder für die erste Klasse angemeldet haben, lieber eine andere Schule in Babelsberg zu besuchen. Hintergrund ist, das staatliche Schulamt als verlängerter Arm des Bildungsministeriums will an der Schule nur eine erste Klasse eröffnen. Mit 31 verblieben Anmeldungen gebe es zu wenig Schüler für zwei Klassen, sagte Schulrat Wolfgang Bogel-Meyhöfer. Als Grund für den starken Rückgang nannte er die sechs privaten Schulen im Umfeld der Goethe-Gesamtschule, die ihre Kapazitäten teilweise zum neuen Schuljahr erhöhen.
Die Konsequenz einer einzigen ersten Klasse sehen Stadtverordnete und Schulverwaltung allerdings als unverantwortlich an. Sechs Schüler unter förderdiagnostischer Lernbeobachtung würden in der 25-Schüler-Klasse lernen. „Das ist pädagogisch nicht zu verantworten“, sagte die Bildungsdezernentin Gabriele Fischer dazu. Höchstens drei in einer Klassen seien seitens des Ministeriums zugelassen. „Das kann nicht zum Wohle der Kinder sein“, sagte Fischer. Sie appellierte ans Schulamt, eine Lösung für zwei erste Klassen zu finden und bemängelte, dass Schulamtsleiter Ulrich Rosenau das Angebot der Stadt auf Zusammenarbeit mit den Worten „kein Bedarf“ abgelehnt hat.
Die Goethe-Schule Babelsberg ist Potsdams zweitgrößte und einzige Schule, in der von der ersten bis zur 13. Klasse unterrichtet wird. Allerdings wird die Stadt bei der Schulentwicklungsplanung für Schulen ab der siebten Klasse von der Realität eingeholt: In der Landeshauptstadt haben sich in diesem Jahr 120 Schüler mehr an Gymnasien und Gesamtschulen angemeldet als erwartet. Das staatliche Schulamt wird daher in diesem Jahr ohne das Votum der Stadtverordneten die drei Gymnasien (Helmholtz, Einstein und voraussichtlich Leibniz) und zwei Gesamtschulen (Lenné und Voltaire) mit weiteren Klassen auffüllen, um den Bedarf zu decken. Seit einigen Jahren fordern Stadtverordnete eine Überarbeitung des Planes aus dem Jahr 2003, die Verwaltung arbeitet seit längerem an der integrierten Kita-, Hort- und Schulplanung.
Dass die Gymnasien in Potsdam derart nachgefragt sind, hängt laut Bogel-Meyhöfer auch mit der Schulgesetzänderung zusammen. Die Eltern wünschen das Abitur nach zwölf Jahren, und dies bieten die Gymnasien. Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe sollen dagegen ein Abitur nach 13 Jahren anbieten. Um künftigen Bedarf decken zu können und nicht selbst zur Oberschule zu werden, gibt es an einigen Gesamtschulen der Stadt die Überlegung, Gymnasium zu werden. Denn eine Gesamtschule wird automatisch zur Oberschule, wenn sie keine elften Klassen, also keine Sekundarstufe II, mehr bilden kann. Ein Kandidat dafür ist die Goethe-Gesamtschule, hieß es gegenüber den PNN.
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