Aus dem GERICHTSSAAL: Paket für die Nachbarin unterschlagen
Vielfach Vorbestrafter überführt / 600 Euro Strafe und Schadenersatz
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„Ich stand damals noch unter Bewährung. Da wäre es eine Dummheit vom Feinsten gewesen, wegen eines Pakets meine Freiheit zu riskieren“, trumpft Marcel M.* (24) auf. Doch Amtsrichterin Constanze Rammoser-Bode glaubt nicht an die Unschuld des Potsdamers. Sie verurteilt den Hartz-IV-Empfänger wegen Unterschlagung zu einer Geldstrafe von 600 Euro. Damit kommt der bereits elf Mal mit dem Gesetz in Konflikt Geratene noch glimpflich davon. Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft hatte das Doppelte beantragt.
Eigentlich – so Marcel M. – wollte er nur hilfsbereit sein. Als ein Postfahrer am Vormittag des 8. Januar an seiner Wohnungstür im Otto-Hahn-Ring klingelte und fragte, ob er ein Paket für Nachbarn entgegennehmen würde, sagte er bedenkenlos zu. Wenig später sei dann „ein Mann Mitte Zwanzig“ mit der Benachrichtigung des Fahrers erschienen. Dem habe er das Paket ausgehändigt. „Ich kannte die Mieter in dem Haus noch nicht so richtig und bin auch bald wieder ausgezogen. Keine Ahnung, ob der Postfahrer den Namen des Adressaten genannt hat“, erklärt der wegen Unterschlagung Angeklagte. „Ich habe geglaubt, dass das der rechtmäßige Empfänger ist.“
Der als Zeuge geladene Paketfahrer beteuert, extra gefragt zu haben, ob Marcel M. eine Sendung für Rosemarie R.* annehmen würde. „Das mache ich immer so. Es kommt gar nicht selten vor, dass Nachbarn miteinander im Clinch liegen und sich weigern.“
„Was war in dem Paket eigentlich drin?“, fragt Marcel M. seine ehemalige Nachbarin Rosemarie R. (57), nachdem sie auf dem Zeugenstuhl Platz genommen hat. Die Sachbearbeiterin hatte online und per Vorkasse eine Strickjacke und ein Sweatshirt im Wert von 79,98 Euro bestellt. „In meinem Briefkasten lag eine Nachricht, dass die Ware von Herrn M. entgegengenommen wurde“, berichtet die Frau. Leider habe sie den vermeintlich netten Nachbarn trotz mehrmaliger Versuche nie angetroffen. Nun will sie Schadenersatz von ihm, hat bei Gericht einen entsprechenden Antrag gestellt. „Ich habe den Originalzettel, den der Paketfahrer in meinen Postkasten geworfen hat, dabei“, betont die Potsdamerin. „Mein Briefkasten ist sicher.“ Es sei unmöglich, dass ein Fremder die Benachrichtigung gestohlen und sich das Paket angeeignet haben könne. „Was soll ich mit Frauenklamotten?“, motzt der Angeklagte. „Die kann man weiter veräußern“, pariert die Staatsanwältin. Marcel M. – vorbestraft unter anderem wegen Diebstahls in 37 Fällen, schweren und versuchten Diebstahls, Raubes, Betruges und Sachbeschädigung – hat außer der Geldstrafe einen Schadenersatz in Höhe von 79,98 Euro an Rosemarie R. zu leisten. (*Namen geändert.) Hoga
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