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Aus dem GERICHTSSAAL: Paket im Hausflur „weggefunden“

Arbeitsloser muss wegen Unterschlagung 400 Euro Strafe zahlen

Stand:

Schon zweimal machte Marc M.* (26) lange Finger, wurde deshalb zu Geldstrafen verurteilt. Jetzt warf ihm die Staatsanwaltschaft Unterschlagung vor, und eigentlich wäre eine Freiheitsstrafe fällig gewesen. Das Gericht drückte beide Augen zu, sanktionierte den arbeitslosen Stuckateur erneut mit einer Geldstrafe. „Sie können die 400 Euro in Raten zahlen. Sie können aber auch den Antrag stellen, sie abzuarbeiten“, gab der Richter Marc M. mit auf den Weg.

Der Potsdamer soll am 17. Juli vorigen Jahres im Flur des Mehrfamilienhauses, in dem er wohnt, ein an seinen Nachbarn Gerold G. adressiertes Paket an sich genommen, geöffnet und die darin befindliche Acht-Gigabyte-Speicherkarte entwendet haben. Gerold G. hegte gleich den Verdacht, dass Marc M. hinter der Sache steckt und erstattete Anzeige – übrigens nicht zum ersten Mal. „Mein Nachbar macht mir das Leben zur Hölle. Ich soll ihn bedrohen. Der lügt wie gedruckt“, stöhnte der Angeklagte. „Wenn er inzwischen 50 Beschwerden bei der Polizei losgelassen hat, ist das wenig. Kaum passiert etwas, kann nur ich das gewesen sein. Dabei will ich nur meine Ruhe.“ „Wie war das nun mit dem Paket Ihres Nachbarn?“, stoppte der Richter den Redefluss des sichtlich Erregten. Marc M. gab zu, das Päckchen mit in seine Wohnung genommen zu haben. „Ich wollte mal nachgucken, was der sich bestellt hat. Eigentlich hatte ich vor, den Karton wieder zusammenzufalten. Aber er war geklebt“, schilderte der Angeklagte. Den Inhalt – Speicherkarte sowie einen Funkwecker – habe er korrekt verstaut, die Sendung dann seinem Nachbarn gebracht. „Ich habe mich auch entschuldigt“, versicherte der Hartz IV-Empfänger. „Wieso sollte ich die Speicherkarte klauen? Ich habe gar keinen Computer. So etwas interessiert mich nicht.“

„Das Päckchen kam mit der Post. Eine Nachbarin fand es aufgerissen und leer im Hausflur vor. Der Aufkleber war ab“, erinnerte sich der als Zeuge geladene Gerold G.* (62). Als er Marc M. auf die Tat ansprach, habe er nicht geleugnet. „Er händigte mir den Funkwecker und die Rechnung aus. Die Speicherkarte im Wert von 17 Euro habe ich bis heute nicht zurück, obwohl ich ihn mehrfach aufgefordert habe, sie in meinen Briefkasten zu stecken“, empörte sich der Vorruheständler. Im Vorfeld des Prozesses habe ihm der Angeklagte mehrere Briefe geschrieben, in denen er ihm „empfahl“, vor Gericht „besser die Fresse zu halten“. „Ich habe die Schreiben dabei“, berichtete der Zeuge, zückte einen Stapel bleistiftbekritzelter Blätter. „Es sind auch Morddrohungen darunter.“ Marc M. verließ den Verhandlungssaal wutentbrannt. Er kündigte an, umgehend Berufung gegen das Urteil einzulegen. (*Namen geändert.) Hoga

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