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Aus dem GERICHTSSAAL: Papa kein Papageienbetrüger

Dafür muss die Tochter mit einer Anklage rechnen

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Aus dem GERICHTSSAALDafür muss die Tochter mit einer Anklage rechnen Der Staatsanwalt wirft Rolf R.* (70) vor, am 4. März 2005 mit einem Pärchen in Golm einen Kaufvertrag über zwei Graupapageien im Wert von 1400 Euro abgeschlossen zu haben, obwohl er arm wie eine Kirchenmaus gewesen sei. Bis heute warten die beiden, die monatelang mit lahmen Versprechungen von der Tochter des wegen Betruges Angeklagten vertröstet wurden, auf ihr Geld. Ich habe die Vögel doch bloß für meine Tochter abgeholt“, beteuert der Rentner. „Sie hat mit den Leuten am Telefon gesprochen und auch vereinbart, dass der Preis für die Tiere in Raten gezahlt werden kann.“ „Aus der Akte geht hervor, dass Sie den Kaufvertrag unterschrieben haben“, entgegnet Amtsrichter Francois Eckardt. Der einstige Melker nickt. „Ich habe ein Papier unterzeichnet, das mir die junge Frau in Golm vorgelegt hat. Aber was das war, weiß ich nicht. Ich kann weder lesen noch schreiben.“ Papageienverkäuferin Katharina K.* (20) glaubt, der Angeklagte habe sich den Kaufvertrag genau angeschaut, bevor er ihn unterzeichnete. Dann hat er 100 Euro angezahlt, den Käfig mit den Vögeln geschnappt und bestätigt, seine Tochter werde den Rest in monatlichen Raten von 200 Euro begleichen.“ Bei einem Besuch, den Katharina und ihr Freund Clemens C.*(24) dem Angeklagten später abstatteten, waren die Tiere verschwunden. „Erst hat man uns erzählt, sie seien weggeflogen. Dann sollen sie vom Hund der Familie gefressen worden sein. Schließlich hieß es, man habe sie an Bekannte weitergegeben, weil sie zu laut waren“, erinnert sich Clemens C. im Zeugenstand. „In Wirklichkeit sind sie von unseren Katzen erwischt worden“, schluchzt Rita R.* (39). „Es tut mir so leid.“ Die Tochter des Angeklagten bestätigt, sie habe die Graupapageien für ihren damals 12-jährigen Nachwuchs erworben, obwohl ihr bewusst gewesen sei, dass sie vor Schulden kaum noch aus den Augen gucken konnte. „Ich musste einige Geldstrafen wegen Betruges abzahlen. Die hatten Vorrang“, erklärt die Arbeitslose. „Sie sagen das jetzt nicht nur, um ihren Vater zu decken, der ebenfalls wegen mehrfachen Betruges unter Bewährung steht?“, argwöhnt der Vorsitzende. Rita R. schnieft und beteuert: „Mein Vater ist unschuldig.“ So bleibt dem Gericht nichts anderes übrig, als Rolf R. freizusprechen. „Der Angeklagte hat mit seiner Unterschrift nur das bestätigt, was vorher schon durch die Tochter beschlossen wurde“, betont der Richter. Dafür muss Rita R. nun mit einer Anklage rechnen. „Und ob Sie bei Ihren Vorstrafen noch einmal mit Bewährung davonkommen, ist mehr als fraglich“, gibt er zu bedenken. (*Namen geändert.) Hoga

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