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Von Erhart Hohenstein: Papierne Schätze im Palais

Claudia Sommer übernahm die Leitung der Graphischen Sammlung/Plankammer der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten

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In den Römischen Bädern ist die Ausstellung „Das Vermählungsalbum von 1823“ zu Ende gegangen. Dieses Album umfasst 41 Aquarelle und Zeichnungen, die als Geschenk zur Hochzeit des preußischen Thronfolgers Friedrich Wilhelm (IV.) mit der bayerischen Prinzessin Elisabeth in Auftrag gegeben worden waren. Die Kunstwerke werden in der Graphischen Sammlung/Plankammer der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) aufbewahrt. Mit Evelyn Zimmermann kam auch die Kuratorin der Ausstellung aus diesem Bereich der Stiftung, der nach 1945 aus der Zusammenführung der graphischen und der Plansammlung des ehemaligen preußischen Königshauses bzw. deren nachfolgenden staatlichen Verwaltungen entstand.

Diese Exposition führt Claudia Sommer als Beispiel dafür an, dass die oft fälschlicherweise verkürzt „Plankammer“ genannte Abteilung weit mehr umfasst als die Sammlung historischer Baupläne aus dem früheren Hofmarschallamt. Die nach der Verabschiedung von Adelheid Schendel in den Ruhestand zur Leiterin des Fachbereichs berufene Kunsthistorikerin nennt für die bedeutende Kunstsammlung 19 Teilsammlungen, die etwa 100 000 Objekte umfassen. Neben den von der Meisterhand Eosanders von Göthe, Knobelsdorffs, Schinkels oder Lennés gezeichneten Bau- und Gartenplänen ist vor allem die Graphische Sammlung von hoher Bedeutung. Sie umfasst u.a. die historische Aquarellsammlung König Friedrich Wilhelms IV. und seiner Gemahlin Elisabeth, dazu die eigenhändigen Zeichnungen des „Romantikers auf dem Thron“, eine Sammlung von druckgraphischen Blättern (Porträts, Ereignisdarstellungen), aber auch zahlreiche Grafiken und Aquarelle, die früher die Wände beispielsweise im Schloss Babelsberg schmückten und nach Restaurierung des Kaiserschlosses dort wieder ihren Platz finden könnten.

Claudia Sommer kann zudem auf Bestände verweisen, die der Laie hier kaum vermutet: Dazu zählen Inventare, Familienfotos der Hohenzollern, anderen historische Fotos, Landkarten und Atlanten, an die 5000 historische Postkarten, Nachlässe und Stiftungen, Kalligraphien wie Gesellenbriefe und Menükarten, Architekturmodelle, Kupferstiche und -platten bis hin zu Papiertapeten. „Alles, was sich an bildlichen und zeichnerischen Quellen zur Bau- und Nutzungsgeschichte der Schlösser und Gartenanlagen der Stiftung auf Papier erhalten hat“, umreißt Claudia Sommer den Sammlungsbestand. Als Bonbon nennt sie die aus 250 Blatt bestehenden Sammlung von Ornamentzeichnungen aus der Zeit Friedrichs des Großen.

Für die Arzttochter, die seit dem 15. Lebensjahr in Potsdam ansässig ist, war schon als Oberschülerin und dann Kunstgeschichtsstudentin der Humboldt-Universität eine Tätigkeit in den Schlössern das Berufsziel. Seit 1989 arbeitet sie hier, zwischenzeitlich auch als Beauftragte für die Landschlösser Rheinsberg, Caputh, Königs Wusterhausen und Oranienburg, und fühlt sich mit der Leitung der Sammlung nun „endgültig beruflich angekommen“. Dass sie hier „an den Quellen sitzt“, fasziniert Claudia Sommer ebenso wie die Vielfalt der Sammlung, die ja keineswegs aus „totem“ Papier besteht. Sie wird von jährlich etwa 800 Wissenschaftlern und Studenten für Forschungen genutzt, Denkmalpfleger ziehen die historischen Bau- und Gartenpläne zu Rate. Dienstags bis Donnerstags kann auf Anmeldung der Studienraum genutzt werden. Kopiert werden dürfen die kostbaren Graphiken und Pläne nicht, Fotos können aber bestellt werden. Die drei wissenschaftlichen Mitarbeiter des Bereichs stehen beratend zur Verfügung. Zeitlich endet die Sammlung 1995, dem Jahr der Stiftungsgründung, die jüngeren Bestände werden vom Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) verwahrt. In den nächsten Jahren kommen auf das Team erhebliche zusätzliche Belastungen zu. Zum einen sollen die Bestände schrittweise digitalisiert und über das Internet nutzbar gemacht werden, beispielsweise die ca. 4300 Handzeichnungen Friedrich Wilhelms IV. Die Digitalisierung derartiger Bestände war im September auch ein Thema der Jahrestagung der Leiter Graphischer Sammlungen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dafür hatten sie Potsdam als Ort ausgewählt. „Dies unterstreicht die Bedeutung unserer Sammlung im deutschsprachigen Raum“, erklärt Claudia Sommer.

Als umfangreiche Aufgabe kommt auf sie die im Masterplan der Stiftung vorgesehene Verlagerung der Sammlung aus dem Neuen Palais in einen Neubau auf dem ehemaligen Theatergrundstück an der Zimmerstraße zu. „Erstmals werden damit die historischen Sammlungen von historischen Räumen getrennt“, bedauert die Kunsthistorikerin, sieht aber die Notwendigkeit und die Vorteile des Umzugs. Das Magazin ist im Neuen Palais in ehemaligen Wohnräumen untergebracht, die 700 Quadratmeter Fläche reichen nicht mehr aus. Im Neubau steht mehr Platz zur Verfügung. Der Brandschutz kann auf modernstem Niveau gesichert werden, zudem wird die für die Sammlung wichtige Papierrestaurierungswerkstatt mit untergebracht. Claudia Sommer hat ein Profil erarbeitet, das all die Anforderungen an den Neubau beschreibt. Außerdem hofft sie, dass die Graphische Sammlung mit der vorgesehenen Sanierung und Restaurierung der Römischen Bäder dort weiterhin und noch bessere Möglichkeiten erhält, ihre Schätze in Ausstellungen zu zeigen.

Erhart Hohenstein

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