Landeshauptstadt: Pappsatt – und doch weiter gegessen
Potsdamer Schüler testeten Pizza-Lieferanten und Taschentücher
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Potsdamer Schüler testeten Pizza-Lieferanten und Taschentücher Von Christiane Fenske Als der Pizzabote zum sechsten Mal klingelte, waren die vier Jugendlichen längst pappsatt. Sie aßen trotzdem, obwohl die Salamipizza nicht unbedingt lecker schmeckte. Die Bäcker hatten die Pizza leicht anbrennen lassen, nicht viel Fett hinzugetan, irgendwie fehlte dadurch auch der Geschmack. Der Boden war zu dick und zu fest geraten. Aus rein professionellen Erwägungen aßen die Schüler dennoch weiter, notierten aber genau, was ihnen nicht schmeckte. Sie hoffen, für diese Ergebnisse einen Preis zu bekommen. Als Teilnehmer des Wettbewerbs „Jugend testet“ reichen Marian, Svenja, Roman und Melanie ihre Testergebnisse Ende des Monat bei der Stiftung Warentest, die den Wettbewerb jährlich auslobt, ein. Die Themen wählen die Schüler selbst, Geld bekommen sie für ihre Recherchen nicht. Technisch perfekt müssen die Tests nicht sein, vielmehr möchte Stiftung Warentest gute Ideen, Phantasie und Kreativität der Jugendlichen fördern. Die 16-jährigen Schüler der Voltaire-Gesamtschule testeten insgesamt fünf Pizza-Lieferanten aus Potsdam. „Die Bestellung am Telefon wurde meist recht freundlich entgegengenommen“, sagt Melanie Klaffke. Ansonsten aber unterschieden sich die einzelnen Leistungen stark voneinander. Der schnellste Pizzaservice beförderte die Salamipizza in 20 Minuten vom Ofen auf den Tisch der vier. Auf die letzte Pizza warteten sie 66 Minuten. Aber da hatten sie ja ohnehin keinen Hunger mehr. Die Neuntklässlerin Connie Ritscher hatte starken Schnupfen, als ihre Lehrerin Angelika Lück die Klasse im Wirtschaftslehrekurs auf den „Jugend testet“-Wettbewerb aufmerksam machte. Auch Connie ließ sich mit ihren Mitstreiterinnen Jenny Kretschmann und Diana Hönicke für die Teilnahme registrieren. Für die drei lag es nahe, Taschentücher zu testen. In der Reiß- und Wasserfestigkeit nahmen sich die vier verschiedenen Sorten nicht viel. Um ein einzelnes Tuch in zwei Teile zu reißen, mussten die 15-Jährigen jeweils viel Kraft aufbringen. Selbst unter einem Wasserstrahl erwiesen sich drei der vier getesteten Tücher als unkaputtbar. Beim „Fühltest“ aber hatte das mit bekanntestem Namen eindeutig die Nase vorn. Um diese Erkenntnisse mit „Tatsachenberichten“ zu untermauern, befragten die Mädchen auf der Brandenburger Straße einige Potsdamer, welche Taschentuchsorte sie regelmäßig benutzen. Auch wenn die Vorbeieilenden mehr als einmal eine Antwort verweigern wollten, kamen die hartnäckigen Schülerinnen zu einem aussagekräftigen Ergebnis. Die bekannteste Marke ist nicht nur mit Abstand das beliebteste Taschentuch, sondern leistet bei Schnupfnasen wohl auch die beste Arbeit. Auch sie hoffen mit ihrer zehnseitigen Testauswertung am Ende einen Preis einzuheimsen. Während sich Connie, Jenny und Diana für die Umfrage die Beine in den Bauch stehen mussten, machten es sich die vier Zehntklässler zu Hause gemütlich und orderten eine Pizza nach der anderen. Kaum war der Bote aus der Tür, begutachteten die Schüler die Verpackung. „Die muss schließlich auch ansprechen.“ Dann wurde die Aufbereitung kritisch bewertet. Ungeschnittene Pizza bekam Minuspunkte. „Man will doch schließlich gleich reinbeißen. Außerdem hat nicht jeder ein großes Pizzamesser im Haus und mit normalen Messern zieht man immer den ganzen Belag runter“, erklärt Roman Piotrowski. Er selbst ist ein Verfechter von Tiefkühlpizzen – man muss nicht auf sie warten und günstiger seien sie auch. Inzwischen haben die vier die Recherchenotizen ausgewertet. Mathe-Ass Marian Kobow rechnete in einer unglaublich komplizierten Rechnung – selbst seine drei Mittester können diese nur unter größten Anstrengungen nachvollziehen – aus, ob Anfahrtsweg, Ware und Preis in einem guten Verhältnis stehen, wandelte das in Prozente um, verglich und benotete den Testsieger schließlich mit einer guten„2“. Erstmal haben die vier von Pizza genug. Wenn aber der Appetit zurückkehrt, wissen sie ja, wo sie anrufen müssen.
Christiane Fenske
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