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Links und rechts der Langen Brücke: Pay-TV

Jan Brunzlow über die geplante Steuergeld-Subventionierung für ein Kulturmagazin im privaten Lokalfernsehen

Stand:

Der Hoflieferant des Potsdamer Stadthauses musste einst seine gesamte Brötchenproduktion einstellen, weil die Angestellten sie nicht mehr essen wollten. Da kam ein Hofnarr und machte den Vorschlag, dass der König sie doch aus den Steuereinnahmen zahlen könnte, damit der Bäcker wieder mehr backen könne. Ob der Pöbel die dann isst, ist eine andere Frage. Früher trug so etwas zur Erheiterung am Hofe bei, nun haben die Stadtverordneten nach einem Vorschlag der CDU das Märchen in die Moderne übertragen. Das Potsdamer Lokalfernsehen hat vor einiger Zeit sein Kulturmagazin „Potslife“ aus Kostengründen eingestellt. Schade, sagen einige, andere kannten es nicht einmal. Auf Antrag der ansonsten für den freien Wettbewerb eintretenden Christdemokraten soll nun geprüft werden, ob die Stadt dem Unternehmen einen Zuschuss zahlt, damit das Magazin wieder auf Sendung geht und über die lokalen Kulturereignisse berichtet. Da bekäme das Wort Pay-TV (Bezahl-Fernsehen), bei dem der Verbraucher für den Empfang zahlt, eine völlig neue Bedeutung. Sollte die Prüfung dennoch erfolgreich verlaufen, würde das Konsequenzen nach sich ziehen. Die naheliegendste: Es würde ein privates Medienunternehmen von der Stadt finanziell unterstützt. Aus journalistischer Sicht ist die Förderung eines redaktionellen Teils mehr als fragwürdig. Eine objektive Berichterstattung der Medien wird in Zeiten der Diskussion über Schleichwerbung in Filmen und Reportagen kritisch beäugt. Privatsender sind frei in ihrer Entscheidung, Sendezeit kostenpflichtig anzubieten. In der Regel wird das mit Reklame, Werbung oder Anzeige überschrieben. Doch die Stadt würde Sendezeit in einem Magazin für Kultureinrichtungen erkaufen, die sich beispielsweise Sportvereine nicht leisten können. Sie werden die nächsten Interessengruppen sein, die von der Stadt eine Berichterstattung im Fernsehen bezahlt haben wollen, um nicht selbst die Kosten der angebotenen Sendezeit tragen zu müssen. Schulen wären da auch noch. Und städtische Unternehmen. Vielleicht ist das Konzept des „Bezahl- Fernsehens“ aber auch so gewollt, als Imagekampagne für ein besseres Ansehen von städtischen Entscheidungen. Dann täten Parteien und Verwaltung gut daran, schon jetzt weitere Sendezeiten für die Zukunft zu erwerben: für Reality-Soaps über Baubeigeordnete beispielsweise. Oder für Berichte über erste glückliche Häuslebauer in der Reihenhaussiedlung auf dem Gelände des geplanten Niemeyer-Bades. Oder über erste Fahrten über die neuen Tramgleise der „Breiten Brücke“

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