Landeshauptstadt: PDS gewinnt wieder in Potsdam
Europawahl: Grüne knapp vor CDU, nur knapp 33 Prozent Wahlbeteiligung
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Europawahl: Grüne knapp vor CDU, nur knapp 33 Prozent Wahlbeteiligung Die PDS gewinnt mit 34,4 Prozent (-2,7) der Stimmen nach der Kommunalwahl 2003 in Potsdam auch die Europawahl. Laut vorläufigem Endergebnis kommt die SPD mit 20,7 Prozent (-8,6) auf den zweiten Platz, darauf folgen die Grünen mit 16,0 Prozent (+9,2) und die CDU mit 15,2 Prozent (-3,0). Gekennzeichnet ist der Wahltag in der Landeshauptstadt vor allem von der geringen Wahlbeteiligung: Sie liegt bei 32,9 Prozent. Entsprechend leer ist es um die Mittagszeit im Bürgerhaus am Schlaatz, Stimmbezirk 6306. Draußen scheint nach einem der zahlreichen Platzregen gerade zögerlich die Sonne, drinnen sitzen zwei Wahlhelfer tatenlos am Tisch. Auf 907 Wahlberechtigte warten sie, erst 75 waren da. Dass so wenige kommen, wundert die engagierte 74-Jährige, die an der Urne Strichliste führt, nicht. „Ich habe mit vielen gesprochen, die sich gar nicht interessieren.“ Außerdem habe sie gestern ein Flugblatt im Briefkasten gefunden, mit der Aufforderung, nicht wählen zu gehen, und einer Berliner Telefonnummer. „Ich lass’ mich ja nicht beeinflussen, aber viele wohl schon“, vermutet sie. Für den Erstwähler, der zur Tür hereinkommt, gilt das ausnahmsweise nicht: „Ich sehe es als Bürgerpflicht, ich will wählen“, sagt der 18-Jährige – obwohl selbst seine Eltern auf die Stimmabgabe verzichten. Doch wie am Schlaatz herrscht auch in den meisten anderen Wahllokalen der Stadt gähnende Leere. Als Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) kurz vor halb zwölf aus seiner Babelsberger Wohnung über die Straße zum Stimmlokal in die Kita der St. Antonius-Gemeinde eilt, hat erst jeder zehnte der dort knapp 1300 Wahlberechtigten gewählt. „Ich hoffe, dass die Wahlbeteiligung nicht noch geringer ausfällt als bei der letzten Europawahl“, sagt Platzeck ahnungsvoll. Schon 1999 war Brandenburg mit 30 Prozent bundesweites Schlusslicht, nur 33,3 Prozent gingen damals in Potsdam zur Urne. Dann die ersten offiziellen Zahlen, die den Trend bestätigen: In Potsdam liegt die Wahlbeteiligung um 14 Uhr erst bei 15,9 Prozent, bisheriger Negativrekord. Wen will’s wundern, wenn doch die Europawahl an diesem Sonntag nur Begleitprogramm zu sein scheint: Während Teile der Innenstadt für den Schlösser-Marathon gesperrt sind, rufen RBB-Radiosender pausenlos auf, den „Tag der offenen Tür“ in der Babelsberger Medienstadt zu besuchen – 50 000 machen sich auf den Weg. Andere zieht es zum Stadtwerkefestival in den Lustgarten, wieder andere zur Besichtigung beim Deutschen Wetterdienst. Für die Wahlhelfer am Schlaatz allerdings sind die vielen Feste keine Ausrede. „Wer wirklich wählen will, der kommt auch“, meinen sie. Eine Minderheit. „Europa ist der Masse zu wenig zugänglich“, sagt ein Wähler in Babelsberg. Daran seien die Parteien mitschuldig. „Die sind doch ganz froh, dass sie im Europaparlament nicht so unter öffentlichem Druck stehen.“ Und nur wenige wollen zwischen Europa-, Bundes- und Landespolitik unterscheiden. „Wir müssen uns erst mal um Deutschland kümmern, dann um Europa“, erklärt eine Potsdamerin. „Und mit der Politik hier bin ich im Moment nicht zufrieden.“
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