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ATLAS: Peinlich

Guido Berg über einen Streit, der dem Andenken von Lepsius schadet

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Dieses Land hat eine gewisse Übung darin, Momente mit großer Symbolik durch schlechtes Timing zu verschenken. Da werden in Deutschland die ersten Rabbiner nach 1945 ausgebildet – und das, wie schön, in Potsdam – aber die Ordinierung vor der Weltöffentlichkeit findet in Dresden statt, weil es in Potsdam keine Synagoge gibt. Für dieses Jahr steht eine ähnliche Blamage ins Haus, wenn auch vielleicht eine Nummer kleiner. Im Dezember jährt sich der Geburtstag des Theologen und Humanisten Johannes Lepsius zum 150. Mal. Der Fahrplan war klar, ein Internationales Symposium aus Anlass des Jubiläums sollte im ehemaligen Wohnhaus von Lepsius stattfinden. Immerhin: Vom Lepsiushaus aus informierte der Theologe die Welt über den Völkermord an den Armeniern. Es hätte eine Ehrung am authentischen Ort werden können. Aufgrund von Bund-Länder-Querelen fließen nun die Gelder für das Lepsiushaus – wenn überhaupt – erst später, der Innenausbau wird wohl nicht rechtzeitig fertig werden und das Symposium an einem anderen Ort in Potsdam stattfinden. Den anreisenden internationalen Gästen wird Deutschland statt eines würdigen Sitzes der wiedergegründeten Deutsch-Armenischen Akademie nur eine leere Hülle vorzeigen können – wie peinlich.

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