Landeshauptstadt: Pelmeni und Zukunftsmusik
Bei der achten Landesrussischolympiade gibt es auch kritische Töne
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„In allen Filmen sind die Bösen Russen, ist doch seltsam!“ Für Juliane (19) aus Perleberg ein Grund, in der siebenten Klasse Russisch zu wählen. Henriette (18) sieht die praktische Seite: Spicker in kyrillischen Buchstaben gingen problemlos in anderen Fächern durch... Ihre Lehrerin Dorit Köhn lacht. Zu viert ist das Team des Gottfried-Arnold-Gymnasiums aus Perleberg angereist. Jetzt sitzt die Gruppe am Mittagstisch und stärkt sich vor Beginn der Prüfungen. Trotz der Anspannung hat die Mädchen der Humor offensichtlich nicht verlassen.
Im Saal der Friedrich-Wilhelm-von-Steuben-Gesamtschule im Kirchsteigfeld Potsdam sind die gut 100 Teilnehmer der achten Landesrussisch-Olympiade versammelt. Aus 25 Schulen sind sie angereist, um an zwei Tagen in fairem Wettkampf zu entscheiden, wer zur Bundesolympiade Ende November nach Berlin fahren wird. Der Saal ist mit farbenfrohen, großflächigen Bildern geschmückt. Ein Akkordeonduo der Musikschule schafft russisch-östliche Atmosphäre. Gerade noch gab es eine Reihe von Grußworten. Da war man sich einig: Mit der Wahl für Russisch haben die Schüler „eine Zukunftsentscheidung getroffen“, so Gabriele Fischer, Bildungsbeigeordnete der Stadt Potsdam. Monika Tharann von der Stiftung für West-Östliche Begegnungen bestätigt diese Einschätzung. Nach der EU-Erweiterung von 2004 warten im Osten Märkte. Übersetzt für die Schüler: märchenhafte Arbeitsaussichten. Russischkenntnisse seien ein enormes Potential: „Russisch ist ganz klar wichtiger als Französisch“ meint der Vertreter der Arinstein GmbH, eines Sponsoren der Olympiade, und erntet Applaus.
So weit in die Zukunft denken die Schüler heute noch nicht. Jetzt geht es erstmal um die schriftliche Prüfung. Am Sonnabend dann der mündliche Teil. Neu in diesem Jahr ist ein Wettbewerb für russische Muttersprachler. Sie sollen eine Region Brandenburgs vorstellen – auf Russisch.Für die Vorbereitung durften aber nur deutsche Quellen benutzt werden.
Veranstaltungsleiterin Dr. Marlies Ruppel vom Brandenburgischen Interessenverband Russischunterricht e.V. freut sich, mit der Olympiade zum fünften Mal in der Steuben-Gesamtschule zu Gast sein zu können. Die sehr gute Vorbereitung, die Unterstützung der Organisation durch Schüler der Oberstufe begeistern sie. Trotzdem gibt es etwas, was sie verärgert: Immer weniger Schüler lernen Russisch. Fehlendes Interesse? Ruppel hat eine andere Erklärung: organisatorische Gründe. Die erforderliche Mindestanzahl von 20 Schülern für einen Kurs komme bei den insgesamt gesunkenen Schülerzahlen oft nicht zustande. Der Interessenverband Russischunterricht plädiert deshalb für eine Senkung der Grenze auf 15 Schüler. Das Brandenburgische Bildungsministerium hat entsprechende briefliche Anfragen aus dem vergangenen Jahr aber nur mit einer „sehr allgemeinen Antwort“ abgefertigt. Ruppel ist enttäuscht: „Wir wünschen uns mehr Unterstützung und Anerkennung.“
Nach dem Pflichtteil gibt es bei der Olympiade dann auch die Kür, ein Freizeitprogramm. Pelmeni kochen, ein Einkauf im russischen Magasin „Samowar“, ein Ausflug nach Alexandrowka, russische Musik, Stöbern im Internet... Die Schüler konnten wählen. Marlies Ruppel lacht: „Die Pelmeni-Gruppe war natürlich am schnellsten voll.“ JaHa
JaHa
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