20. Tanzturnier des TSC Rot-Gold Potsdam: Perfektes Taktgefühl
Eins, zwei, Cha-Cha-Cha: Paare aus ganz Deutschland traten beim 20. Turnier des TSC Rot-Gold Potsdam an
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Kurz noch einmal prüfen, ob die Kleidung sitzt, das Haar auch richtig liegt und die Schuhe fest sind. Kurz durchatmen, den Rücken gerade durchdrücken, den Arm grazil vom Körper weg strecken und rauf geht es auf das Parkett. Noch sind sie etwas nervös, die Aufregung ist ihnen anzusehen, doch als die ersten Cha-Cha- Cha-Klänge ertönen, zählen für Lina Süß und Henryk Wuttke nur noch der richtige Takt und die Bewegungen ihrer Körper. Die beiden zehnjährigen Potsdamer Tänzer gingen am Samstag im Potsdamer Kongresshotel beim Tanzturnier des Tanzsportclubs Rot-Gold Potsdam aufs Parkett.
Das Turnier hat Tradition: Es fand bereits zum 20. Mal statt. Jedes Jahr treten bei der Veranstaltung Tänzer aus ganz Deutschland in verschiedenen Altersgruppen in den Kategorien Standard und Latein an. Aus insgesamt 14 Gruppen mit mindestens je drei Paaren, die über das gesamte Wochenende verteilt vortanzen, wird von einer Jury jeweils ein Sieger ermittelt.
Bei der Bewertung geht es zum Beispiel darum, wie sich die Tänzer im Raum bewegen, erklärt der Potsdamer Preisrichter Stephan Schulze. Geachtet werde auch darauf, ob die Tänzer im Takt tanzen, ob die Bewegungsabläufe stimmen und ob der jeweilige Tanz auch in seiner Form erkennbar ist. In einer kurzen Schaurunde können sich die Tänzer zunächst mit dem Tanzboden vertraut machen, dann geht es an den eigentlichen Wettkampf.
In der Kategorie Standard müssen die Paare den Langsamen Walzer, Tango, Wiener Walzer, Slow Foxtrott und Quick Step beherrschen, bei den Latein-Tänzen sind es Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba, Paso Doble und Jive. Bis zu sechs Plätze können in einer Gruppe vergeben werden. Treten mehr als sechs Teilnehmer an, werden nach der ersten Runde die besten sechs ausgewählt, die in einer Finalrunde noch einmal gegeneinander antreten.
Für Lina und Henryk ist es am Samstag das erste Turnier überhaupt. Sie starten als eines von zehn Paaren in ihrer Altersklasse Latein und müssen nur drei Latein-Tänze, nämlich den Cha-Cha-Cha, den Rumba und den Jive, präsentieren.
„Rumba ist mein Lieblingstanz, den können wir auch am besten“, sagt Lina, die erst seit sieben Monaten mit ihrem Tanzpartner in der Tanzschule Diemke im Stern-Center tanzt. Insgesamt hat sie schon neun Monate Unterricht, ihr Tanzpartner Henryk ist erst seit sieben Monaten dabei. „Meine Mutter und meine Schwester tanzen auch, dann wollte ich es auch probieren – und jetzt bin ich hier“, erzählt er. Ihrer Trainerin Katerina Diemke, die die Tanzschule gemeinsam mit ihrem Mann Sergej leitet, sind die beiden schnell durch ihre Professionalität aufgefallen – es folgte hartes Training: Nicht nur, dass die beiden einmal in der Woche Standard-Tanz üben, dreimal in der Woche ist auch Latein dran. Henryk nimmt außerdem noch Ballettunterricht, Lina trainiert Gymnastik. Viel Zeit für Freizeit bleibt da nicht, aber den beiden ist das egal, sie haben einfach viel Spaß am Tanzen, wie sie sagen.
„Kinder sehen das meist sehr locker und lernen auch viel schneller als Erwachsene“, sagt Dieter Wilhelm, Vorsitzender des Tanzsportclubs Rot-Gold Potsdam und selbst langjähriger Turniertänzer. Gemeinsam mit seiner Frau wirkte Wilhelm unter anderem auch in der Ballszene im Defa-Märchenklassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ mit. Schon seit der Gründung des Clubs im Jahr 1960 ist der 75-Jährige dabei und hat seitdem einige Änderungen im Tanzsport miterlebt. „Das fängt ja schon beim Alter an“, sagt er: „Ich durfte erst mit 16 Jahren zur Tanzstunde gehen, musste noch meinen Ausweis vorzeigen.“ Heute können die Kinder schon mit sechs Jahren einsteigen.
Insgesamt sei das Bedürfnis nach Paartänzen in den letzten Jahrzehnten etwas zurückgegangen, berichtet Wilhelm. Es gebe einfach zu viele Tanzangebote, in denen die Tänzer sich auch alleine verwirklichen könnten. Trotzdem sei der Tanzsportclub gut besucht, etwa 145 Mitglieder zählt er derzeit. Neben dem Tanzturnier ist der jährliche große Ball Höhepunkt des Vereinslebens – der nächste wird am 16. April im Kongresshotel stattfinden.
Auch im Tanz gibt es Moden, berichtet Wilhelm: So seien die Kleider der Frauen in den 70er-Jahren noch wesentlich kürzer gewesen. Strenge Regeln bei der Kleiderwahl gebe es nach wie vor: So dürften Kinder und Junioren keine Glitzerelemente tragen, die Jungs keine Fracks, nur schwarze Hemden oder Shirts und die Mädchen nur kleine Absätze. Außerdem sei es immer wichtig, dass die jungen Tänzer von ihren Eltern auf dem Boden gehalten würden, sonst bekämen sie ganz schnell Höhenflüge, sagt Wilhelm.
Diese Gefahr besteht bei Lina und Henryk noch nicht. Nachdem es die beiden Nachwuchstänzer erst erfolgreich in die Finalrunde ihrer Gruppe geschafft haben, erreichen sie schließlich einen stolzen dritten Platz – und sind ganz aus dem Häuschen. „Dritter Platz beim ersten Turnier“, jubelt Henryk und auch Partnerin Lina lächelt glücklich: „Das ist absolut genial.“ Lange ausruhen können sich die beiden allerdings nicht, denn im Januar steht mit der Landesmeisterschaft die nächste Herausforderung vor der Tür. Trainerin Katerina Diemke ist zuversichtlich – nur am Takt müsse bis dahin noch ein wenig gearbeitet werden.
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