Landeshauptstadt: Peter Lohrenz geht von Bord
Über vier Jahrzehnte war der Fachbereichsleiter für Potsdams Straßen und Plätze verantwortlich, manche musste er öfter „anfassen“ oder „umgraben“
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Es gibt keine Straße und keinen Platz in Potsdam, an denen unter der Regie von Peter Lohrenz nicht wenigstens einmal gebaut wurde. Manche Straße hat er zwei -, dreimal oder noch öfter „anfassen“ oder „umgraben“ müssen. Seit über vierzig Jahren steht er im Dienste der Stadt und dürfte heute deren dienstältester verantwortlicher Mitarbeiter sein. Ende dieses Monats geht Peter Lohrenz, Fachbereichsleiter für Grün- und Verkehrsflächen, in den Ruhestand. Am 17. November feiert er seinen 65. Geburtstag.
Wenn es um Auskünfte im Bauausschuss oder auf Bürgerversammlungen geht, ist Lohrenz einer der gefragtesten Experten. Immer im Bilde, immer korrekt, gibt er Antwort. Informationswünschen der Presse weicht er nicht aus. „Ich bin nicht zu sprechen“, diese Redewendung gibt es im Sprachschatz von Lohrenz nicht. Wenn jemand mit einem Anliegen komme, frage er nicht: „Bin ich zuständig?“ sondern: „Ist es lösbar?“. Und er fügt hinzu: „Ich ärgere mich maßlos über bürokratisches Verhalten.“
Peter Lohrenz ist ein „Zugereister aus Mecklenburg“, wie er sagt. Wer ihn sprechen hört, bemerkt das rollende „R“. Woher diese Aussprache kommt, weiß selbst er nicht zu sagen. Vielleicht ist es ein unbewusstes Relikt aus seinem Geburtsort Königsberg in Ostpreußen, an den er ansonsten keinerlei Erinnerungen hat.
Gern denkt er an seine zweijährige Lehrzeit an der Wasserbaufachschule in Kleinmachnow: „Das war eine interessante Zeit, weil wir damals auf vielen Baustellen in der Republik rumgetingelt sind.“ Nach dem Abschluss als Wasserbaufacharbeiter machte der 19-Jährige die Aufnahmeprüfung an der Fachschule für Wasserwirtschaft in Magdeburg, kam zum Wasserstraßenamt Grabow und wurde von dort zur Ingenieurschule für Tiefbau in Wismar „delegiert“. Nach drei Jahren schloss er hier als Tiefbauingenieur ab. In seiner Abschlussarbeit kam der 22-Jährige zum ersten Mal mit der Stadt Potsdam in Berührung. Seine Arbeit befasste sich nämlich mit der „Neuordnung von Straßen und Straßenbahnen im Bereich des Platzes der Nationen“. Das Thema aus dem Jahre 1962 wurde knapp vierzig Jahre später wieder aktuell, als der Luisenplatz neu gestaltet und die Straßenbahn hinter das Sparkassengebäude verlegt wurde.
Lohrenz erhielt eine Anstellung beim Rat der Stadt Potsdam. Als er am 2. September 1962 hier ankam, wies man ihm weder einen Platz zu, noch wusste er, wo er wohnen könnte. Der damalige Stadtarchitekt nahm den Eleven zunächst bei sich zu Hause auf. Doch nach 14 Tagen war Lohrenz bereits „Referent für Straßenwesen“. Als solcher versuchte er in den Jahren der Mangelwirtschaft Potsdams Straßen instand zu halten, „bettelte“ bei Betrieben um Arbeitskräfte und intern in der Verwaltung um die Mittel. Unter seiner Regie bildete sich eine stadteigene Kolonne für Straßenreparaturen, aus der im Jahre 1969 die „Stadtdirektion Straßenwesen“ (SDS) mit Lohrenz als Direktor wurde. 1989 war das stadteigene Unternehmen auf 90 Mitarbeiter angewachsen.
Nach dem Zusammenbruch der DDR brach auch die „Stadtdirektion Straßenwesen“ zusammen. Das lief relativ problemlos, weil der in der SDS beschäftigte Bodo Oldenburg ein Unternehmen gründete und einen Großteil der Mitarbeiter übernahm. Für Lohrenz stand der Wunsch nach Privatisierung damals nicht auf der Tagesordnung; er erhielt den Auftrag, ein Tiefbauamt bei der Stadt aufzubauen, das bis zur Neugliederung der Verwaltung unter seiner Leitung stand.
Ungewöhnliche Kontinuität zeichnet den beruflichen Weg von Peter Lohrenz aus. Selbst nicht Mitglied einer Partei, erinnert er sich an die SED-Zeit: „Die Partei hat ´ne Rolle gespielt...“ Aber das klingt so, als wollte er sagen: „In meiner Arbeit beim Straßenwesen konnte sie mich nicht stören...“ Nach den größten Straßenbaumaßnahmen während seines langen Berufslebens gefragt, nennt Peter Lohrenz den Bau der Nuthe-„Schnellstraße“ und den Zentralen Busbahnhof auf dem Bassinplatz mit seinem originellen Dach, das ein einzelner Konstrukteur in dieser Form erdacht hatte. „45 000 Fahrgäste wurden hier pro Tag abgefertigt“, erinnert er sich und ist noch heute traurig, weil die einzigartige Dachkonstruktion vor einigen Jahren abgerissen wurde.
Was macht ein Mann, wenn er nach einem so arbeitsreichen Leben in den Ruhestand geht? Um die Antwort auf diese Frage ist Peter Lohrenz sichtlich verlegen, erwähnt sein Wohnhaus in Satzkorn, das Wochenendhaus am Schlänitzsee, das Motorboot. Gern hätte er Reisen nachgeholt mit seiner Frau. Doch dieser Wunsch bleibt ihm versagt, denn die Frau, mit der er 38 Jahre lang zusammen war, starb im Januar dieses Jahres. „Ich werde etwas finden, was mich ausfüllt“, sagt Lohrenz, ohne konkret werden zu wollen. Er müsse immer etwas tun, sagt er, denn seine Erfahrung sei: „In zu langen Ruhepausen kommen die gesundheitlichen Probleme.“
Günter Schenke
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