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Landeshauptstadt: Pferd im Brunnen

Alter Markt: Grabungen unter dem Wasserspiegel / Bernsteinkette aus dem 4. Jahrhundert vor Christi

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Innenstadt – In einem mittelalterlichen Brunnen auf dem Alten Markt haben die Archäologen Überreste eines Pferdes gefunden. Ausgräber Werner Maguhn legte gestern die Skelett-Teile frei. Wie das Pferd vor zirka fünfhundert Jahren „in den Brunnen gefallen“ ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Die wahrscheinlichste Variante ist nach Meinung der Ausgräber die, dass die Überreste des Pferdes einfach in den später zugeschütteten Brunnenschacht geworfen wurden. Es ist nicht das erste Mal, dass bei Grabungen auf dem Alten Markt Skelette von Pferden zu Tage traten.

Nach tagelangem Abpumpen des Grundwassers finden die Grabungen derzeit gleichsam unterhalb des Wasserspiegels statt. So können die Fachleute fünf der neun aufgefundenen Brunnen vollständig freilegen. Die Anlagen stammen aus dem ausgehenden Mittelalter. Grabungsleiter Dr. Jonas Beran ordnet sie in den Zeitraum zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert ein. Die etwa drei Meter tiefen Schächte mit kreisrundem oder quadratischem Querschnitt sind mit Bohlen aus Kiefernholz ausgekleidet und hatten im oberen Teil eine steinerne Ummauerung. „Eine Arbeit von Zimmerleuten“, vermutet Beran zur Entstehung der Holzkonstruktion. Die Bohlen sind entweder auf Nut und Feder gearbeitet oder sie werden durch mit Holznägeln befestigte Querhölzer zusammengehalten.

Eine solche räumliche Häufung von fünf hintereinander angeordneten Brunnen sei selten zu finden, bemerkt Stadtarchäologin Gundula Christl. Die Brunnen seien jedoch nicht gleichzeitig in Betrieb gewesen. Wenn einer verschmutzt gewesen beziehungsweise marode geworden sei, hätten die Bewohner in der Nähe einen neuen Schacht angelegt. Die Altersangaben lassen sich laut Christl erst präzisieren, wenn das Holz untersucht sei. Die Wissenschaftler sind unter anderem damit beschäftigt, Holzproben zu entnehmen. Neben einer dreidimensionalen Vermessung findet außerdem eine Untersuchung der Brunneninhalte statt. Laut einer Mitteilung des Sanierungsträgers Potsdam, der Auftraggeber der Ausgrabungen ist, müssen die Arbeiten sehr schnell ausgeführt werden, um die Kosten für die Grundwasserabsenkung so gering wie möglich zu halten.

Insgesamt 2,5 Millionen Euro stehen für die archäologischen Grabungen auf dem Grundstück des Stadtschlosses zur Verfügung. Laut Beran liegen zirka ein Drittel der Grabungsfelder unterhalb der Friedrich-Ebert-Straße. Die Sicherung von Bodenfunden sei laut Christl nach dem Brandenburgischen Denkmalschutzgesetz geboten, wenn Baumaßnahmen bevorstehen. Da unter dem Landtagsneubau an der Stelle des Schlosses eine Tiefgarage vorgesehen sei, müsse der Boden in dieser Tiefe auf Denkmale untersucht werden. Die Grabungen auf dem Stadtschloss-Areal sollen bis Mitte 2008 abgeschlossen sein. Keiner der jetzt freigelegten Brunnen werde konserviert, teilt die Stadtarchäologin mit. Nach eingehender Untersuchung würde sie wieder mit Erde bedeckt. Hunderte Fundstücke habe das Landesamt für Denkmalschutz in Wünsdorf bereits archiviert.

In einer menschlichen Grabstelle fanden sich bei den jüngsten Untersuchungen Teile einer Bernsteinkette aus dem vierten Jahrhundert vor Christi. Sie deuten auf „Handelsbeziehungen mit der Ostsee“ hin, meint Beran. Der Rohstoff für die zahlreich gefundenen Feuersteinteile, welche als Werkzeuge dienten, sei ebenfalls auf diesem Handelswege nach Potsdam gelangt. Günter Schenke

Günter Schenke

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