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WR 102ka liegt im Mittelpunkt eines diffusen Nebels.

© Uni Potsdam

Von Richard Rabensaat: Pfingstrose in extrem heißem Staub

Ein Forscherteam der Universität Potsdam hat den zweithellsten Stern der Galaxie entdeckt

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Hell wie 3,2 Millionen Sonnen strahlt der Stern, den Lidia Oskinova entdeckt hat. Nach den neuesten Messungen der Astrophysikerin und ihres Teams von der Universität Potsdam avanciert der exterrestrische Leuchtkörper damit zum zweithellsten Stern der Galaxis. Oskinova leitete das Forschungsprojekt und ist die zweite Autorin der entsprechenden Fachpublikation.

Die Physikerin hat dem gleißenden Himmelsgebilde den schönen Namen Pfingstrosennebel-Stern gegeben, auf englisch heißt er „peony“. Das klingt deutlich poetischer als die astronomische Bezeichnung WR 102ka und hebt sich von der Namensgebungspraxis der Amerikaner ab. Die nannten ein benachbartes Gebilde „Pistol Star“, bemerkt Oskinova. Auf einem Satellitenfoto, das Oskinova und ihr Kollege Wolf-Rainer Hamann zeigen, liegt der Stern im Mittelpunkt eines diffusen, kreisrunden Nebels. Die Wolke aus Staub und Gas bewegt sich von dem Stern fort, angeschoben von der enormen Lichtstrahlung. Diese ähnelt einem Wind, der die Teilchen auf eine Geschwindigkeit von 1,6 Millionen Kilometer pro Stunde beschleunigt.

Mit ungefähr 25 000 Grad ist der Pfingstrosennebel Stern viel heißer als die Sonne, die nur etwa 6000 Grad schafft. Schon die Entstehung des Sterns gibt den Forschern einige Rätsel auf. Er gehört zur Gruppe der „blauen Riesensterne“, die sich durch eine enorme Größe auszeichnen. Mit einem hundert Mal größeren Durchmesser als die Sonne könnte die Gravitation eigentlich nicht groß genug sein, das Gebilde zusammen zu halten.

„Die starke Lichtstrahlung reißt viel Materie von der Oberfläche des Sterns mit sich, so dass er sich schält wie eine Zwiebel“, erläutert Hamann. Dadurch löse sich der Stern im Verlauf von zwei bis drei Millionen Jahren fast gänzlich auf, ehe der verbliebene Rest schließlich als Supernova in einer gigantischen Explosion ende. „Das ist für Sterne ein ziemlich kurzes Leben“, konstatiert Hamann. Die Sonne strahle dagegen schon seit fünf Milliarden Jahren. Wegen ihres schnellen Verschwindens seien die Riesensterne so schwer zu entdecken.

Der Forscher beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren mit der Modulation von Bildern von Sternen. Denn mit einem simplen Mikroskop lassen sich so weit entfernte Gebilde nicht beobachten. Notwendig sind spezielle Forschungsstationen wie das Spitzer Weltraumteleskop der Nasa. Die schoss das Teleskop 2003 in den Weltraum. Von dort gelangen dann ziemlich große Datenmengen zu den weltweiten Forschungsstationen. „Moderne Beobachtungsinstrumente liefern ungeheure Datenmengen, die erst einmal verdaut werden müssen“, bemerkt Hamann. Die Arbeit des Teams besteht darin, den Datenhaufen so zu reduzieren, dass sich daraus das Modell eines Stern entwickeln lässt. Hierzu hat Hamann eine spezielle Software entwickelt, die dem Institut weltweit eine Spitzenstellung verschafft. Etwas ähnliches gibt es, wie er sagt, nur noch in den USA in Pitsburg.

„Wir wollten Sterne nahe dem galaktischen Zentrum untersuchen. Genau im Mittelpunkt unserer Galaxis sitzt ein riesiges schwarzes Loch, das eigentlich alle Materie aus seiner Umgebung ansaugen sollte.“ Wider Erwarten finde man aber in seiner Nähe große Ansammlungen von jungen Riesensternen. „Das ist irre interessant“, erzählt Lidia Oskinova.

Als sie den Antrag zur Beobachtung bei der Nasa stellte, gab sie an, dass dieser möglicherweise auch für eine Presseveröffentlichung interessant sein könnte. Die Reaktion auf die Potsdamer Entdeckung gab ihr Recht. Weltweit reagierten Nachrichtenagenturen und Wissenschaftsredaktionen auf ihre Mitteilung. Saigon News berichtete ebenso über Peony wie ABC News in Amerika. Eine besonders hübsch bebilderte Veröffentlichung stammt aus China. Verständlich ist sie allerdings nur für denjenigen, der die chinesische Schrift beherrscht.

Richard Rabensaat

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