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Aus dem GERICHTSSAAL: Phantasie oder böse Wirklichkeit?

„Frau Vorsitzende, bitte lassen sie den nicht laufen. Der ist gefährlich, ein Fall für die Sicherungsverwahrung“, fleht Janine J.

Stand:

„Frau Vorsitzende, bitte lassen sie den nicht laufen. Der ist gefährlich, ein Fall für die Sicherungsverwahrung“, fleht Janine J.* (29). Doch Murat M.* darf den Verhandlungssaal unbehelligt verlassen. Das Schöffengericht beschließt, erst einmal ein Glaubwürdigkeitsgutachten über das vermeintliche Opfer einzuholen.

Folgt man der Aussage von Janine J., wurde sie im Mai und Juni 2006 in ihrer Wohnung von dem Türken dreimal brutal vergewaltigt. „Alles unwahr und absurd“, kommentiert Murat M. (34) die schwerwiegende Anklage. Als er Janine J. kennenlernte, durfte er sie zwar küssen und streicheln, auch an intimen Stellen. „Mehr wollte sie nicht. Das habe ich akzeptiert. Später sagte sie mir, sie fühle männlich. Ich wusste erst gar nicht, was sie damit meint“, so der Asylbewerber. Da zu einer Beziehung auch körperliche Liebe gehöre, habe er den Kontakt zu der jungen Frau schließlich abgebrochen. Danach habe sie ihn verfolgt, öffentlich beschimpft und beleidigt. „Außerdem trank sie zu viel Alkohol und nahm auch Drogen. Dadurch hat sie völlig den Anschluss an die Realität verloren“, schätzt der Angeklagte ein. Als er von der Polizei mit dem Vergewaltigungsvorwurf konfrontiert wurde, sei er aus allen Wolken gefallen. Im September 2006 sei er dann von der Clique der Arbeitslosen am Platz der Einheit überfallen worden. Als Anstifterin dieser Straftat wurde Janin J. dafür bereits verurteilt.

Der Staatsanwalt bietet der ehemals Alkohol- und Drogenabhängigen an, die Öffentlichkeit während ihrer Aussage auszuschließen. Janine J. lehnt ab. „Alle sollen hören, was er getan hat“, fordert sie. „Man muss Frauen und Kinder vor ihm schützen. Ich bin ja nicht sein einziges Opfer.“ Obwohl sie Murat M. klar gemacht habe, dass sie keinen Sex wolle, so etwas ekelhaft und pervers finde, sei er einfach über sie hergefallen. „Ich mache Kampfsport. Aber das hat mir in dieser Situation nicht viel genützt. Ich bin ein Leichtgewicht. Er ist viel stärker. Beim zweiten und dritten Mal hat er mich sogar noch gewürgt.“ Dann kullern die Tränen. „An Ihrer Tür befindet sich doch ein Spion. Warum haben Sie den Angeklagten immer wieder in die Wohnung gelassen?“, fragt die Richterin ungläubig. „Ich dachte, dass sind meine Kumpels. Außerdem habe ich vermutet, er hat endlich kapiert, dass ich nichts von ihm will“, entgegnet Janine J. schluchzend. Der Polizei habe sie sich erst nicht anvertraut, weil die ihr sowieso nicht geglaubt hätte. Staatsanwalt und Gericht hegen allerdings auch Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage des vermeintlichen Opfers. So ist jetzt erst einmal die Gutachterin am Zuge. Dann wird der Prozess neu aufgerollt. (*Namen geändert.) Hoga

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