Landeshauptstadt: Picknick auf der Straße
Naturschützer für Erhalt von Wanderwegen
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Als Männer der Potsdamer Biohofgesellschaft mbH kürzlich den zwischen den Düsteren Teichen und Schloss Lindstedt verlaufenden Flur- und Wanderweg umzupflügen begannen, wurden sie vom Ordnungsamt gestoppt. Eiches stellvertretende Ortsbürgermeisterin Christiane Erning (CDU) hatte die Behörde alarmiert. „Wir sind davon ausgegangen, dass der Weg zu unserer Pachtfläche gehört, wir ihn also in den Acker einbeziehen können", meint Biohof-Geschäftsführer Stefan Otten. Nach Wegfall der von der EU gezahlten „Stilllegungsprämien“ ist die Gesellschaft wie andere Landwirtschaftsbetriebe bemüht, ungenutztes Land wieder unter den Pflug zu nehmen.
Nicht immer gelingt die Offenhaltung über Privatgrund verlaufender Strecken. Dafür kann der stellvertretende Vorsitzende des Potsdamer Naturschutzbeirates, Dr. Rüdiger Knösche, für die Eicher und Golmer Flur Beispiele nennen. Autofahrern, die ihrem Navigationssystem folgend den Lindengrund südlich der Kaiser-Friedrich-Straße benutzen, versperrt plötzlich ein Zaun den Weg. Die Landbesitzerin, die hier Pferde hält, hat ihn aufgestellt. Sie argumentiert, dass der Lindengrund nie ein öffentlicher Weg war. Schon vor drei Jahren ist der von Eiche ins Golmer Waldgebiet führende Weg In der Heide vom Grundstückseigentümer gesperrt worden, damit die Bewohner der neu errichteten Häuser nicht „Blicken von Passanten und der Belästigung durch Hunde" ausgesetzt sind. Der von Christiane Erning eingelegte Widerspruch ist wegen „Arbeitsüberlastung" immer noch nicht entschieden. Südlich des Zachelsberges und Windmühlenberges wurde ein Plattenfeldweg beseitigt. Stück für Stück ackert ein Landwirt den Feldweg um, der Ecksteinweg und Lindenallee verbindet.
„Die Flurwege sind wichtig für den Tourismus und die Naherholung", erklärt Rüdiger Knösche. „Die Bodeneigentümer dürfen nicht die Interessen der Allgemeinheit ignorieren." Der Naturschützer hat sich an den Ortsbeirat Eiche gewandt, „die Rechts- bzw. Verhältnismäßigkeit der Flurwegeabsperrungen bzw. -beseitigungen zu überprüfen und nach guten Lösungen für die Bürger zu suchen". Dies dürfte ein schwieriges Unterfangen werden, wie PNN-Recherchen ergaben. Die Untere Naturschutzbehörde erteilt zwar Genehmigungen für die Markierung von Wanderwegen, deren Unterhalt und Erhalt seien jedoch ungeklärt. Man vermute die Verantwortlichkeit beim Ordnungsamt, das dies jedoch verneint. Der Justitiar der Stadtverwaltung, Uwe Munzel, bekräftigte gegenüber PNN, dass „sich die Frage nach der Rechtslage nicht allgemeingültig beantworten" lässt. Es komme auf den Rechtsstatus des Weges an, deshalb sei in jedem Fall eine Einzelfallprüfung erforderlich. Ob der Weg in eine „amtliche" Karte eingetragen sei, spiele rechtlich keine Rolle. Es gebe jedoch über Privatgrund verlaufende öffentliche Wege, die nicht beseitigt werden dürfen. Dafür sei der Bereich Grün- und Verkehrsflächen (Tel. 289-2714) Ansprechpartner.
Einige Grundstückseigentümer nutzen die unklare Situation, um Flur- und Wanderwege ungefragt zu beseitigen. „Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird“, erklärte Knösche, „haben wir bald Verhältnisse wie in südlichen Ländern, wo sich die Landeigentümer hinter Zäunen verbarrikadieren und den Erholung Suchenden nur noch die staubigen Straßen bleiben." Sarkastisch schlug er vor, auf der lärm- und abgasreichen Eiche-Golmer Hauptverkehrsader Kaiser-Friedrich-Straße ein Einwohnerpicknick zu veranstalten, um auf das Problem aufmerksam zu machen. E. Hohenstein
E. Hohenstein
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