Landeshauptstadt: Piepsen und Schlürfen
In der Newtonstraße 7 eröffnete die Gewoba eine Muster-Wohnung für altersgerechtes Wohnen
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Am Stern - Schlürfen und Glucksen im Treppenhaus der Newtonstraße 7. Wolfgang Puschmann und Brigitte Reinisch verfolgen fasziniert wie das Wasser in den Abfluss am Boden der Duschecke verschwindet. Eine Pumpe saugt das Wasser geräuschvoll nach unten.
Der Vorsitzende des Seniorenbeirats und seine Stellvertreterin besichtigten gestern die altersgerechte Gewoba-Musterwohnung . Die „rutschhemmende, bodengleiche“ Dusche hat der Service-Partner der Gewoba, der „Fachbetrieb für barrierefreies Wohnen – Gang-Way“ in die 53-Quadratmeter-Wohnung eingebaut. Der Gang-Way-Chef Klaus Jacobs erklärte den beiden Senioren Reinisch und Puschmann das Abpumpsystem, das bodengleiche Duschen auch in den oberen Stockwerken eines Hauses ermöglicht. Nicht unwichtig, wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, über Wannenränder zu klettern oder gar an den Rollstuhl gefesselt. Einmal in der Woche können sich Potsdamer künftig zeigen lassen, wie altersgerechtes Wohnen aussehen kann. Gestern um 11 Uhr haben der Gewoba-Geschäftsführer Jörn-Michael Westphal und Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller die Musterwohnung eröffnet. Sie soll Beispiel dafür sein, „wie stationäre Pflege“ vermieden werden kann, so Müller. Es gehe um die Möglichkeit, im eigenen Heim alt zu werden, betonte Jacobs. Darum kommen seine Mitarbeiter auch zu den Interessierten nach Hause, um sie dort zu beraten. Die Kosten dafür übernimmt die Gewoba. Jacobs will die Mieter dafür „sensibilisieren“, sich „eine gute Lebensqualität im Alter zu leisten“. Und die hat ihren Preis: Der Umbau eines normalen Plattenbau-Badezimmers in einen barrierefreien Mini-Duschtempel kostet beispielsweise rund 6000 Euro. Je nach Pflegestufe des Bewohners trägt die Pflegeversicherung einen Anteil. Laut Westphal bietet die Gewoba aber Finanzierungskonzepte an. So könnten Kosten auch auf die Miete umgelagert werden.
Zwölf Potsdamer haben sich bereits für ein Beratungsgespräch angemeldet – 20 zur Besichtigung der Musterwohnung. Die Besucher können sich auch zeigen lassen, welche kleineren Eingriffe das Leben bequemer machen: Das Entfernen von Türschwellen oder das Verbreitern von Türen, das Umstellen von Möbeln oder das Erhöhen von Sesseln und Betten. Ein anderer Aspekt beim altersgerechten Wohnen ist die Sicherheit: Zum Telefon sei schnell eine Notrufanlage installiert, versicherte Jacobs. Und die Pflegekasse zahle die Miete des Geräts, mit dem der Bewohner im Falle eines Unfalls oder etwa eines Herzinfarkts per Knopfdruck den Rettungsdienst alarmieren kann. Von Vorteil sei diese Anlage nicht nur in Notfällen, sondern auch im Alltag, findet Rentnerin Reinisch: „Sie erleichtert die Psyche, wenn man weiß, es würde Hilfe kommen.“
Jacobs Stolz aber ist der Herd mit Alarm-Anlage – weil im Alter mancher schusselig wird oder unter Demenz leidet: Vergisst jemand, auf eine heiße Herdplatte einen Topf zu stellen, piepst die Anlage los, bis sie den Herd nach wenigen Minuten ausschaltet.
Das laute Piepsen dringt bis ins Treppenhaus. Die Anwohner der Newtonstraße 7 werden sich an eigenartige Geräusche gewöhnen müssen.
Die Musterwohnung in der Newtonstraße kann immer dienstags zwischen 9 und 15 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung unter (0180) 247 36 51 besichtigt werden
Juliane Wedemeyer
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