
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Pizzabude statt Persiusvilla
Unweit von Sanssouci, zwischen Welterbe und Innenstadt, plant Carlo Müller sein Imbiss-Paradies
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Innenstadt - Die Gegend darf als nobel gelten: Eine Villa auf der anderen Straßenseite trägt den Namen des Dichters Ludwig Tieck (1773-1853), da er dort einst wohnte. Dank des Welterbes-Programms des Bundes ist sie liebevoll saniert. Dahinter steht „der kleine Hesse“, ein erst nach der Wende wiederentdecktes Haus des Baumeisters Ludwig Ferdinand Hesse (1795-1876), natürlich auch saniert. Unweit davon künden der Obelisk und das Weinberg-Portal von königlicher Historie. Touristen und Gartenkunstliebhaber, die aus der Innenstadt kommen, streben dem nahen Eingang zur Hauptpromenade des Schlossparks von Sanssouci zu.
Aus diesem Welterbe-Meer ragt nun wieder eine Insel der kulinarischen Kleinkunst hervor. Seit vergangener Woche hat die Imbissbude an der Hegelallee/Ecke Schopenhauerallee wieder geöffnet, nun unter dem grammatisch eigenwilligen Namen „Pizzeria am Sanssouci“. Die Mini-Pizza kostet 1,99 Euro, Pizza Salami 3,80 Euro, ein Glas Sambuca 1,80 Euro. Wer Bier trinken möchte, bekommt Warsteiner. Zu den Gästen am gestrigen Mittwoch gehörte ein junges Paar, das sich schnell eine Pizza-Packung für zu Hause holte. Ihre schwarze Dogge wartete einstweilen an einen Laternenmast angebunden und hechelte geduldig. Ein Touristenpaar riecht nur kurz in den neu getünchten Budenbau rein, entscheidet sich dann aber anders und geht weiter.
Die Potsdamer Stadtplanung hat sich für diese Schnittstelle zwischen historischer Innenstadt und dem Welterbe freilich etwas anderes vorgestellt: Nicht Pizza, sondern einen Persiusbau sollte es hier geben. Bis 1945 stand an der Stelle das einstige Wohnhaus des Architekten Ludwig Persius (1803 bis 1845). Wünschenswert wäre eine originalgetreue Rekonstruktion der von Persius entworfenen Turm-Villa, heißt es im Bebauungsplan-Entwurf. Der Potsdamer Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne) ließ mitteilen: „Ich schätze, dass es sich um eine Zwischennutzung des Areals handelt. Auch, weil diese Nutzung den Kaufpreis des Grundstücks nicht dauerhaft refinanzieren kann.“
Inhaber des Grundstücks ist der Berliner Projektentwickler Klaus Strohbücker, der zwar gegenüber den PNN erklärte, er könne sich den Wiederaufbau der Persius-Villa durchaus vorstellen. Aber wie passt das zu den Aussagen von Carlo Müller, an den er die Imbissbude vermietet hat? Der in Berlin lebende Italiener, verheiratet mit einer Deutschen, plant Großartiges für das Areal.
Es soll eine Art Imbiss-Paradies werden, mit Döner- und Currywurst-Angeboten. Dazu will Carlo Müller hinter seiner „Pizzeria am Sanssouci“ Container aufstellen lassen, aus denen heraus die schnellen Sattmacher an die Sanssouci-Touristen verkauft werden. Und in zwei Jahren, träumt der freundliche Italiener, baut er an dieser Stelle, Hegelallee/Ecke Schopenhauerstraße, sein eigenes Restaurant. Von Ludwig Persius, erklärt er, hat er noch nie etwas gehört.
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