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WENDLANDS Sicht: Plädoyer für Behutsamkeit

Behutsam. Das Wort war mal Bestandteil des heutigen Sanierungsträgers Potsdam, der hieß noch bis vor wenigen Jahren „Gesellschaft für behutsame Stadterneuerung“.

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Behutsam. Das Wort war mal Bestandteil des heutigen Sanierungsträgers Potsdam, der hieß noch bis vor wenigen Jahren „Gesellschaft für behutsame Stadterneuerung“. Auf den Seiten der Pro Potsdam, zu dem der Sanierungsträger seit 2006 gehört, steht nur noch Sanierungsträger. Ich möchte jetzt nicht auf Pro Potsdam oder den Sanierungsträger eingehen, sondern vielmehr auf das Wort „behutsam“.

Ein schönes Wort: Synonyme dafür sind unter anderem achtsam, mit Bedacht, rücksichtsvoll, einfühlsam, sorgsam, sorgfältig, vorsichtig, auch liebevoll und sanft.

Doch dieses schöne Wort „behutsam“ ist nicht nur beim Sanierungsträger verloren gegangen, sondern wird auch sonst nicht mehr häufig benutzt. Und dabei bräuchten wir es dringend. Scheitern wir doch heute viel häufiger am wenig behutsamen Umgang im Miteinander, oft auch in der Kommunikation. Da werden nicht mit Bedacht Wörter benutzt, nicht einfühlsam zugehört, da werden irgendwelche nicht besonders sanfte Mails geschrieben und verschickt und schon gibt es Probleme. Auch kommen Wörter beim anderen anders an als sie gemeint sind. Das führt zu Missverständnissen aller Art – man regt sich auf, man redet übereinander, nicht miteinander, man schimpft und klagt vielleicht sogar, droht mit irgendetwas, was auf der anderen Seite dasselbe wenig rücksichts- und verständnisvolle Verhalten provoziert. Behutsam ist dabei oftmals nicht mit schnell kompatibel, sondern eher mit vorsichtig, vielleicht sogar zaghaft. Schnell, ohne Rücksicht, kalt, so erreicht man heute sein Ziel – welches das auch immer ist.

Und da bin ich natürlich nun doch wieder beim Bauen. Ich wünsche mir nämlich auch beim Bauen eine gewisse „Behutsamkeit“. Von daher hat mir die Bezeichnung „Gesellschaft für behutsame Stadterneuerung“ immer sehr gut gefallen. Ich weiß nicht, warum die Bezeichnung weggefallen ist, denn gerade die Gestaltung von Stadträumen kann nicht behutsam genug angegangen werden. Wir alle werden mit diesen Stadträumen konfrontiert, sie wirken auf uns, ob wir wollen oder nicht, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Und dieses Umfeld, in dem wir uns tagtäglich bewegen, würde, wenn es behutsam gestaltet wäre, auch auf uns abstrahlen und wir würden vielleicht auch wieder lernen, das Wort behutsam für uns im Miteinander zu benutzen und es achten. Mir fehlt es, nicht nur beim Sanierungsträger, das Wort: behutsam.

Unser Autor lebt seit 1945 in Potsdam. Er studierte in Berlin und Dresden und ist seit 1968 als Architekt in Potsdam tätig.

Christian Wendland

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