Landeshauptstadt: Planer auf der Rolle
Sommercamp soll Perspektiven für Drewitz aufzeigen / Müller-Zinsius: Zuletzt wenig gekümmert
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Horst Müller-Zinsius ist nicht der Papst – „Daher versuche ich erst gar nicht, sie in Ihrer Landessprache zu begrüßen“. Studenten, Architekten und Landschaftsplaner aus sieben Ländern begrüßte der Geschäftsführer der städtischen Holding Pro Potsdam gestern beim 3. Internationalen Sommercamp. Deren Aufgabe soll es sein, sich neue Ideen zur Gestaltung und Wiederbelebung des jüngsten DDR- Plattenbaustadtteils zu entwickeln. „Wir haben uns dort lange Zeit relativ einfach verhalten und wenig gekümmert“, sagte Müller-Zinsius zu den Aktivitäten seines Unternehmens in Drewitz. Nun sollen neue Konzepte her und eine Lobby für den Stadtteil Drewitz entstehen.
Überplant werden soll ein Gebiet, das in der Außenwirkung selten als Potsdam wahrgenommen wird, in dessen Umfeld aber knapp ein Drittel alle Potsdamer leben. Der Reiz für die jeweiligen Teams besteht laut Karl-Heinz Winkens in der Ergebnisverwertung. In den letzten beiden Jahren sind ein Teil der Camp-Vorschläge in die Planungen für die Gebiete eingeflossen. Dazu zählen eine neue Stadtachse zwischen den Stadtteilen Am Stern, Drewitz und Kirchsteigfeld ebenso wie eine Wohnbebauung am Schäferfeld.
Dafür müssten Garagenstandorte weichen, im Masterplan für das Gebiet ist der Vorschlag festgeschrieben. Damit haben wir „politisches Minenfeld betreten“, sagte Winkens, Mitorganisator und Professor an der Fachhochschule Potsdam. Denn die Lobby der Garagenbesitzer hat Einzug in die Stadtverordnetenversammlung gehalten. Auch in diesem Jahr wünscht sich Winkens wieder solche Erfolge für das Camp. Das mache den Reiz für die Studenten aus.
Oberbürgermeister Jann Jakobs sagte, „Wir wollen unkonventionelle Ideen sammeln, die mit aufgenommen werden“. Alles sei erlaubt, Scheuklappen und Denkverbote dürfe es nicht geben. Zielgebiet der Planung ist die Konrad-Wolf-Allee und die hinter dem ersten Wohnblock versteckte Rolle, eine ursprünglich als Einkaufsmeile konzipierte Fußgängerzone. Das Konzept funktioniert inzwischen nicht mehr, der Leerstand dominiert. Was also muss sich ändern? „Wenn man so lange wie wir in einem Gebiet arbeitet, wird man blind“, sagt Müller-Zinsius. Denn das Gebiet hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Problemfall entwickelt. Statistische Leuchttürme sind die höchste Arbeitslosenrate sowie die höchste Kinderarmut der Landeshauptstadt in diesem Gebiet, aber ebenso die geringsten Mieten. Den Studenten gab Müller-Zinsius mit auf den Weg: „Sie dürfen Dinge denken, die wir bislang nicht zu denken gewagt haben“. Selbst ein Rückbau von Häusern sei nicht ausgeschlossen.
Ideen, das Gebiet zu beleben, haben Pro Potsdam und die Agentur Projektkommunikation um Carsten Hagenau selbst schon präsentiert. Eine Gründerrolle, mit speziellen Angeboten für Existenzgründer ist eine der Überlegungen. Oder die Umgestaltung der Konrad- Wolf-Allee und die Errichtung von Bürgergärten. Wie das finanziert werden soll, steht derzeit nicht fest. Das Programm Soziale Stadt jedenfalls soll auf Drewitz ausgeweitet werden. Grundsätzlich gebe es zwischen Stadt und Land eine Grundverständigung, das Förderprogramm auch nach 2010 weiter durchzuführen, sagte Stadtkontor-Chef Rainer Baatz Ende vergangener Woche. Jan Brunzlow
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