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Landeshauptstadt: Politgezänk statt Bürgerversammlung

Veranstaltung zu Badsanierung oder -neubau geriet zum Grabenkampf / Experte gegen Bürgerbefragung

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Freizeitbad oder Sportbad, Brauhausberg oder Bornstedter Feld? Diese Frage sollte gestern im Alten Rathaus in einer Bürgerversammlung besprochen werden, doch bot die gut zweistündige Veranstaltung im Gegensatz zu ihrem Thema wenig Erfrischendes.

Der in mittlerer Fraktionsstärke angereisten Linken gelang es über weite Strecken, die rund 50 erschienenen Normalbürger durch übereiltes Fingerheben von der Diskussion auszuschließen. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg warf Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) erneut eine vorschnelle Fixierung auf das Bornstedter Feld vor. In der Speicherstadt und auf dem früheren RAW-Gelände entstünden jede Menge neue Wohnungen. Das Bad sei somit am derzeitigen Standort Brauhausberg ideal aufgehoben. Abermals forderte Scharfenberg eine Bürgerbefragung zum Badstandort für eine „so wichtige Investition“. Der Linke-Stadtverordnete Ralf Jäkel lenkte die Aufmerksamkeit abermals auf den Entwurf seiner Tochter Katja, der seiner Meinung nach bei der Untersuchung der 14 Standortvarianten ungenügend berücksichtigt wurde. Addiere man die Kosten für die Sanierung der Schwimmhalle sowie den Neubau eines Freizeitbereichs und ziehe davon den Grundstückserlös von „zwei Dritteln“ des Brauhausberges ab, koste das Jäkel-Freizeitbad nur 14 Millionen Euro – und damit zehn Millionen Euro weniger, als die Stadt für einen vergleichbaren Neubau sowohl am Brauhausberg als auch im Volkspark ausgerechnet habe.

Vorausgegangen waren dem Politgezänk zwei Vorträge, mit denen die Versammelten auf den Sachstand gebracht wurden. Stadtplanungschef Andreas Goetzmann erläuterte die Vor- und Nachteile von Brauhausberg und Volkspark. Er stützte die von Stadtverwaltung und Rathauskooperation favorisierte Variante – ein Sportbad mit Wellnessbereich für zwölf Millionen Euro neben der Biosphäre – mit einigen Prognosen. So habe der Brauhausberg mit einem Einzugsgebiet von 142 000 Einwohnern gegenüber dem Volkspark mit 140 000 derzeit noch die Nase vorn. Doch im Jahr 2025 stünden den erwarteten 146 000 potenziellen Kunden des Einzugsgebiets Brauhausberg 149 000 im Bornstedter Feld gegenüber. Als externen Experten hatte die Rathausspitze den Bädersachverständigen Klaus Batz eingeladen. Der Nürnberger warnte die Stadt vor überdimensionierten Plänen. „Wohin Sie in Deutschland schauen – Bäder sind Zuschussbetriebe.“ Es gebe nur ganz wenige rentabel arbeitende Einrichtungen, die meisten davon setzten Akzente im Sport- und Gesundheitsbereich. Dies sei der Trend der Zukunft. Auch Batz empfahl, einen Neubau an der Biosphäre zu errichten. Er sei zwar mit dem Nahverkehr schlechter erreichbar, doch führen laut Erhebungen ohnehin nur drei bis fünf Prozent aller Individualbesucher mit Bus oder Tram zum Baden. Wichtigstes Argument pro Volkspark sei jedoch, dass der Gewinn aus der Vermarktung des Brauhausbergs die nötigen kommunalen Zuschüsse erheblich reduzieren helfe. Von einer Bürgerbefragung riet Batz ab. Wirtschaftliche Aspekte würden dabei erfahrungsgemäß nicht berücksichtigt. P. Straube

P. Straube

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