Landeshauptstadt: Politik der Stärke am Griebnitzsee gescheitert
Nach dem Scheitern der städtischen Pläne zum Erwerb der Ufergrundstücke sind die privaten Anlieger in der Vorhand
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Nach dem Scheitern der städtischen Pläne zum Erwerb der Ufergrundstücke sind die privaten Anlieger in der Vorhand Von Michael Erbach Babelsberg – Als Wolfhard Kirsch gestern erfuhr, dass die Grundstücke am Griebnitzsee an die Anlieger verkauft werden sollen, herrschte natürlich Freude. Der stellvertretende Vorsitzende der Initiative Historische Uferregion hatte immer das Recht auf der Seite der Anlieger gesehen. Denn nach dem Mauergesetz sind die Grundstücke des ehemaligen DDR-Grenzstreifens an die früheren Eigentümer bzw. die aktuellen Erwerber zu übertragen. Einzige Ausnahme: Wenn ein nachhaltiges öffentliches Interesse nachgewiesen werden kann, könnte auch ein Dritter Flächen erwerben – zum Beispiel eine Kommune. In Potsdam gibt es einen Beschluss der Stadtverordneten, wonach die Uferregionen möglichst öffentlich zugänglich sein sollen. Mit diesem Beschluss und einem angenommenen Gewohnheitsrecht sah die Stadt gute Karten, ein Vorkaufsrecht durchzusetzen. Schließlich ist aus dem Dienstweg der DDR-Grenzstreifen seit der Wende ein außerordentlich beliebter Spazier- und Radweg geworden – mit unbeschränktem Zutritt zum Ufer des Griebnitzsees. Das sollte auch so bleiben. Oberbürgermeister Jann Jakobs verfolgte eine Taktik der Stärke: Erst kaufen, um in die bessere Verhandlungsposition zu kommen. „Danach“, so sagte er gestern den PNN, „wären wir zu Verhandlungen mit den Anliegern bereit gewesen“. Doch die Politik der Stärke ist gescheitert, weil die Stadt gegenüber dem Bundesfinanzministerium offenbar nicht das besondere öffentliche Interesse nachweisen konnte und auch nicht bereit war, den geforderten Quadratmeterpreis von 115 Euro zu zahlen. Wie sicher sich die Stadt wähnte zeigt sie Tatsache, dass im Haushalt für 2005 lediglich 1,575 Millionen Euro für den allgemeinen Grundstückserwerb eingestellt wurden – der Kauf auf der 115-Euro-Basis hätte jedoch bis zu fünf Millionen Euro gekostet. Jetzt sind die Anlieger in der Vorhand. Kirsch, dessen Initiative mehrere Kompromissvorschläge unterbreitet hatte, stellte gestern klar: „Wir sind nach wie vor bereit, den Grenzerweg öffentlich zu machen.“ Allerdings verlangt er im Gegenzug das Baurecht, u. a. für Bootshäuser – so wie es sie vor dem Mauerbau gegeben habe. Von dem Vorschlag, den Kolonnenweg für nur einen Euro je Quadratmeter an die Stadt zu verkaufen, ist der Bauunternehmer abgerückt. „Ich will jetzt die 115 Euro je Quadratmeter.“ Aber: Vom Grundsatz her steht Kirsch zu der alten Zusage. Ob dies nach dem Sieg gegen die Stadt für alle Erwerber gilt, ist indessen ungewiss. Kirsch: „Es bleibt zu hoffen, dass alle mitziehen werden.“ Jakobs will zunächst abwarten, wie die Begründung für den Entscheid lautet und dann Rechtsmittel prüfen. Über den weiteren Weg – der ja nur an den Verhandlungstisch der Anlieger führen kann – wollte der Oberbürgermeister gestern nichts sagen. „Ich warte auf den Bescheid.“ Das Ziel ist jedoch klar: „Oberste Prämisse hat für uns, dass der Uferweg öffentlich genutzt wird. Dafür werde ich mich wie bisher mit aller Kraft einsetzen.“ Zunächst aber steht für ihn eine Gerichtsverhandlung an. Anlieger wollen Jakobs per Anordnung verbieten, ihre Grundstücke am Griebnitzsee zu betreten. Die Verhandlung ist möglicherweise schon kommende Woche. Jakobs wird nicht selbst vor Gericht erscheinen. „Wir schicken einen Anwalt.“
Michael Erbach
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