Landeshauptstadt: Politische Klasse – gut aufgestellt
VOR DEN KOMMUNALWAHLEN
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VOR DEN KOMMUNALWAHLEN LINKS UND RECHTS DER LANGEN BRÜCKE 447 Stunden und sechs Minuten haben die 50 Stadtverordneten in den vergangenen fünf Jahren im Plenarsaal verbracht, um Potsdams Geschicke zu bestimmen. Am Montag kommt bei der letzten Sitzung der Legislaturperiode noch einmal Zeit hinzu. Mehr als 5000 Drucksachen wurden behandelt, davon allein 2200 Anträge, die von den Abgeordneten ausgingen. Nüchterne Zahlen, die die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Birgit Müller, gestern bei einer Feierstunde zum Abschluss der Legislaturperiode nannte. Dahinter steckt jedoch viel mehr. Schließlich müssen sich die „Hobby“-Politiker auf jede der Tagungen vorbereiten, arbeiten sie in Ausschüssen mit und in der Fraktion. Grund genug, dies einmal im Beisein von Vertretern gesellschaftlicher Gruppen zu würdigen. Und auch um Verständnis zu bitten dafür, dass es manchmal nicht so schnell ging mit den Beschlüssen, wie vielleicht gewünscht. Schließlich ist die Verantwortung groß, die auf Stadtverordneten lastet, die auch Familie und Beruf haben. Da macht es sich gut, wenn man Partner hat. Dies war wohl auch der Hauptgrund für die Einladung, die an Unternehmer, Wissenschaftler, Kulturschaffende, Geistliche, Sportfunktionäre, Verbandsfunktionäre – und auch an Vertreter der Medien ging. Kommunalpolitik wird nämlich nicht im einsamen Elfenbeinturm gestaltet, sondern in einem Wechselspiel aus Visionen und Zwängen, im Widerstreit von Meinungen und in der Suche nach gangbaren Wegen und Kompromissen. Und dabei sind Kräfte außerhalb des Parlaments – die Leute vom Fach, die Lobbyisten, Betroffene, die Mahner und Visionäre – von beinahe unschätzbarem Wert. Dass der Plenarsaal gestern zur ungünstigen Freitagmittag-Stunde so gut gefüllt war, spricht für die gegenseitige Wertschätzung. Birgit Müller sprach den Wunsch aus, dass die sachliche und kritische Begleitung der Parlamentsarbeit durch Potsdams Bürger und Institutionen auch nach dem 26. Oktober weitergehen möge. Dass die Abgeordnetenarbeit in Potsdam durchaus auch reizvoll ist, zeigt indes die Tatsache, dass auf jeden der 50 Sitze 7,7 Bewerber kommen. Dies ist in der Tat ein Zeichen gegen Politikverdrossenheit, wie Oberbürgermeister Jann Jakobs betonte. Wie groß der Frust über die Politik bei der Potsdamer Bevölkerung ist, das wird allerdings erst die Wahlbeteiligung am kommenden Sonntag zeigen. Die politische Klasse auf und hinter den Abgeordnetensitzen jedenfalls zeigt sich gut aufgestellt – das ist erst einmal das Wichtigste. Die Potsdamer sollten die Einladung zum Mitbestimmen, Mitmachen annehmen. Michael Erbach
Michael Erbach
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