Demonstration in Potsdam: Polizei räumt Fehler ein
60 Demonstranten waren bei der Räumung des Hauses Stiftstraße 5 im Dezember eingekesselt und anschließend samt Personalausweis abgefilmt worden. Das war zumindest teilweise rechtswidrig.
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Die Polizei hat nachträglich beim Vorgehen gegen Demonstranten am 28. Dezember 2011 in der Potsdamer Dortustraße Fehlverhalten eingeräumt und die Handlungen der Beamten als „teilweise rechtswidrig“ bezeichnet. Dies gilt insbesondere für die „unterbliebene rechtliche Einordnung des Geschehens als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes sowie die Durchführung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen“, teilte das Polizeipäsidium kürzlich mit. Die so gewonnenen Daten sollen nun gelöscht werden. Ende 2011 waren wie berichtet mehr als 60 Demonstranten in der Dortustraße bis zu 90 Minuten lang eingekesselt worden und beim Verlassen samt ihrer Personalausweise abgefilmt worden. Die Demonstration richtete sich gegen die Räumung des Hauses Stiftstraße 5, das linksalternative Potsdamer am zweiten Weihnachtsfeiertag besetzt hatten.
Die Polizei folgt damit den Einschätzungen des Amtsgerichtes Potsdam und der Staatsanwaltschaft. Das Amtsgericht hatte in 25 ähnlich lautenden Beschlüssen die Datensammlung als rechtswidrig eingestuft, die Staatsanwaltschaft hatte Ende Juli 2013 62 Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruches mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Damit ändert die Polizei nach mehr als eineinhalb Jahren ihre Einschätzung zu dem Geschehen komplett. Zunächst war die Demonstration als „Ansammlung“ eingestuft und ihr damit der besondere grundgesetzliche Schutz, den Versammlungen genießen, abgesprochen worden. Wie die Polizei mitteilte, wurden gesetzliche Regelungen nicht korrekt angewendet. „Im Hinblick auf künftige Versammlungslagen werden die erkannten Probleme behördenintern ausgewertet“, verspricht sie.
Die bei der Demonstration gewonnenen Daten haben unterdessen ihren Weg zu verschiedenen Ämtern genommen. Weil der vermeintliche Landfriedensbruch beim Landeskriminalamt der „politisch motivierten Kriminalität“ zugeordnet worden war, wurden die Daten erfasst und dem Bundeskriminalamt übermittelt, teilte die Polizei mit. Weil damals die vermeintlichen Straftaten auch als „extremistisch“ eingestuft worden waren, wurde außerdem das Landesamt für Verfassungsschutz unterrichtet.
Diese Behörden werden auch darüber informiert, dass die Gründe für die Speicherung weggefallen sind, sagte Polizeisprecher Dietmar Keck. Er gehe davon aus, dass die Daten dort ebenfalls gelöscht werden. Ob dies bereits geschehen ist, blieb am Dienstag offen. Noch ist das Geschehen aber juristisch nicht abschließend aufgearbeitet. Ein Potsdamer, der einen Platzverweis „bis 24 Uhr des Folgetages“ für die Innenstadt erhalten hatte, will nachträglich die Rechtswidrigkeit des Platzverweises feststellen lassen – er wohnt in der Innenstadt und wäre wohl nicht in seine Wohnung gekommen. Ein entsprechender Antrag auf Prozesskostenhilfe liegt derzeit beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. (ihö)
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