Landeshauptstadt: Polizei untersucht Zeugen-Vorwürfe
Oberbürgermeister Jann Jakobs verurteilt tödliche Messerstecherei
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Innenstadt - Die Potsdamer Polizei hat im Zusammenhang mit der tödlichen Messerstecherei am frühen Sonnabendmorgen Kritik an ihrem nächtlichen Einsatz zurückgewiesen. „Wir besitzen bisher keine Hinweise darauf, dass sich die Beamten vor Ort falsch verhalten hätten“, so ein Polizeisprecher. Der von Zeugen gegenüber den PNN erhobene Vorwurf, die Beamten seien erst aktiv geworden, als das Opfer nach einem Messerstich tödlich verletzt zusammengesunken sei, werde derzeit aber überprüft, hieß es aus Polizeikreisen.
Zeugen hatten den PNN berichtet, dass die Polizei nach dem Notruf sehr schnell mit einem Streifenwagen da gewesen sei, jedoch zunächst nichts unternommen habe. Die Beamten hätten hilflos gewirkt. Doch seien bei Massenschlägereien oder -aufläufen die Beamten aus Gründen der Eigensicherung zunächst gehalten, Verstärkung zu rufen und auf diese warten, so der Polizeisprecher. Ob und wann die beiden Polizisten, die zuerst in der Charlottenstraße waren, dies getan haben, blieb gestern noch unklar.
Die Prügelei zwischen ausländischen und deutschen Jugendlichen in der Charlottenstraße soll das spätere Opfer laut Polizei „ohne erkennbaren Grund“ angezettelt haben. Ein zerrissenes T-Shirt soll der Grund für den Streit gewesen sein, in dessen Folge der 20-jährige David F. von einem 18-jährigen Potsdamer afghanischer Herkunft erstochen worden sein soll. Nachdem zunächst zwei 16- und 17-jährige Jugendliche am Tatort verhaftet worden waren, hatte sich noch Samstagabend der mutmaßliche Täter in Begleitung seines Anwalts der Polizei gestellt.
Über den Tatverdächtigen wurde gestern wenig bekannt: Sein Vorname soll Ajmal sein. Laut Bekannten lebt er schon mehrere Jahre in Potsdam. „Er ist eigentlich friedlich“, sagte ein Bekannter den PNN. Der 18-Jährige soll nicht vorbestraft sein. Auch über David F. ist wenig bekannt: Nach PNN-Informationen soll er aus schwierigen Familienverhältnissen stammen und in Zentrum-Ost wohnen.
Unterdessen hat Oberbürgermeister Jann Jakobs der Familie des Opfers Unterstützung „in diesen schweren Stunden“ angeboten .Er verurteilte die Tat „auf das Schärfste“. Jakobs sagte, der Verlust eines jungen Menschenlebens mache „fassungslos“. Die zunehmende Bereitschaft junger Menschen bei Auseinandersetzungen „den Tod eines anderen billigend in Kauf zu nehmen“ sei „in hohem Maße besorgniserregend“. Ebenso entsetzt reagierte SPD-Fraktionschef Mike Schubert: Die Tat müsse die Potsdamer Zivilgesellschaft und die Verantwortlichen der Stadt „nachdenklich und besorgt stimmen.“
Auch gestern trauerten am Tatort vor dem Tanz-Lokal „Quartier“ Freunde und Angehörige des Opfers. Dort wurden inzwischen noch mehr beschriebene Zettel aufgehängt, einer auch mit dem Text des Songs „Nur die besten sterben jung“ der früheren Rechtsrock-Band „Böhse Onkelz“. Ebenso steht auf einem Blatt die Frage „Warum demonstriert hier kein Politiker?“ – offenbar auf die Welle der Solidarität mit Ermyas M. bezogen, der Ostersonntag in Potsdam lebensgefährlich verletzt worden war.hk/just/pet
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