Aus dem GERICHTSSAAL: Polizeihund erschnüffelte Geldumschlag
Erste Zeugen im Prozess um Automatenknacker
Stand:
Geld stinkt doch – zumindest einer empfindlichen Hundenase. Die Polizeibeamten fanden bei der vom Amtsgericht angeordneten Hausdurchsuchung in Berlin nichts Verdächtiges. Doch ein aus Bremen angeforderter speziell ausgebildeter Suchhund erschnüffelte unter einem Schrank im Wohnzimmer ein dickes Briefkuvert. Es war mit Klebeband am Boden befestigt und enthielt mehrere kleine Umschläge mit 149 einzelnen 50-Euro-Scheinen, insgesamt 7450 Euro. Auf einem der Geldtütchen stand der Name Maria M.* Sie ist die Verlobte des Hauptangeklagten Steven S.* (26), der sich seit Anfang des Monats mit sechs vermeintlichen Komplizen den Platz auf der Anklagebank des Landgerichts teilt.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Männern im Alter zwischen 22 und 59 Jahren schweren Bandendiebstahl, Herbeiführen von Spengstoffexplosionen, Brandstiftung sowie Versicherungsbetrügereien vor. Die in Potsdam und Berlin Lebenden sollen zwischen September 2010 und August 2013 mehrere Geldautomaten in die Luft gesprengt haben. Nicht immer kamen sie an den begehrten Inhalt. Zudem – so die Anklage – seien sie mit wechselnder Tatbeteiligung in Autohäuser, Getränkemärkte und Geschäftsräume eingedrungen, um Stehlenswertes mitzunehmen, hätten bei der Polizei Einbrüche in ihre Autos angezeigt, deren Schäden sie selbst verursachten, Fluchtfahrzeuge abgefackelt, um etwaige Spuren zu verwischen. Der Gesamtschaden, den die Bande anrichtete, beläuft sich auf gut 400 000 Euro (PNN berichteten). Bislang schwiegen die Angeklagten zu den Vorwürfen.
Maria M. kündigte bereits im Vorfeld des Prozesses an, von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Als Verlobte des Angeklagten Steven S. steht ihr das zu. Da gegen sie ebenfalls Ermittlungen wegen des Verdachts des Versicherungsbetruges laufen, braucht sie sich mit einer Aussage nicht selbst zu belasten. Das Gericht verzichtete daher darauf, die Frau als Zeugin zu laden.
Umso intensiver befragte der Staatsanwalt am gestrigen Verhandlungstag den Polizeibeamten Olaf W. Er untersuchte die Konten der Männer auf der Anklagebank, aber auch die weiterer Personen, nach Auffälligkeiten im Tatzeitraum. Bei einigen fand er verdächtige Bareinzahlungen in teils beträchtlicher Höhe. „Im normalen Geschäftsverkehr wird mit Überweisungen gearbeitet“, so der Zeuge. Augenscheinliche Zahlungen von Versicherungen seien umgehend abgehoben worden. Auch auf dem Konto von Maria M. habe es Geldbewegungen gegeben, die zumindest suspekt erscheinen.
Ursprünglich war die 4. große Strafkammer des Landgerichts davon ausgegangen, noch im November zu einem Urteil zu gelangen. Aber die Beweisaufnahme gestaltet sich umfänglicher als gedacht. „Wir sollten auf alle Fälle schon mal zwei weitere Termine reservieren“, gab der Vorsitzende zu bedenken. So wurde der – vorerst – letzte Prozesstermin für den 17. Dezember anberaumt. (*Namen geändert) Hoga
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