Aus dem GERICHTSSAAL: Polizistin im Würgegriff
Imbiss-Besucherin flüchtete auf Toilette
Stand:
„Es war eine totale Ausnahmesituation. Die Logik war dahin. Da habe ich mich zu diesen Schimpfworten hinreißen lassen“, beteuert Ilona I.* (57) erregt. „Tut mir leid.“ Das Gericht honoriert die Reue der arbeitslosen Heilpraktikerin und geht davon aus, dass sie sich tatsächlich bedroht fühlte. Eine Geldstrafe von 120 Euro wegen Polizistenbeleidigung müsse dennoch sein, befindet Richterin Monika Holk.
Schon oft habe sie sich über die kalte Pizza im Döner-Imbiss in der Waldstadt geärgert, erzählt Ilona I. Auch in der Nacht des 4. Mai 2007 entsprach die Speise nicht den Anforderungen der Potsdamerin. „Ich wollte den Chef des Ladens sprechen. Aber der ließ mich warten“, erzürnt sich die Frau auf der Anklagebank. Als der Türke schließlich erschien und sich erbot, ihr eine neue Pizza zu servieren, habe sie abgelehnt. „Ich wollte gehen, da baute er sich mit mehreren Landsleuten drohend vor der Tür auf. Er packte mich von vorn am Hals, drückte mich gegen die Wand und schimpfte etwas in seiner Sprache. Ich dachte, gleich zückt er ein Messer. Sein Kollege stieß ihn weg, so dass ich in Panik auf die Toilette flüchten konnte. Von dort alarmierte ich die Polizei.“
Die Beamten nahmen den Hilferuf der Frau ernst, rückten mit zwei Streifenwagen an. Ilona I. – noch immer aufgebracht und mittelgradig alkoholisiert – ließ sich kaum beruhigen. „Da sagte einer der Polizisten: Regen Sie sich nicht so auf, sonst müssen wir sie mitnehmen“, erinnert sich die Angeklagte. Dies sei für sie der Auslöser gewesen, total auszurasten. „Ich dachte an meine Tochter, die nicht wusste, wo ich bin. Außerdem hatte ich das Gefühl, nicht richtig rüberbringen zu können, was passiert war.“ In ihrer Rage habe sie an einer Polizistin demonstriert, wie sie von dem Türken gewürgt worden war. Daraufhin seien ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt worden, habe man sie in den Gewahrsam verfrachtet. „Dort hat man mich an eine Bank gekettet, bis der Arzt zur Blutentnahme kam. Ich musste die ganze Nacht in der Zelle bleiben. Morgens wurden dann Verbrecherfotos von mir gemacht und Fingerabdrücke abgenommen.“
„Die Angeklagte setzte zum Würgegriff an. Ich sagte ihr, sie solle das lassen und mir erzählen, was passiert sei“, berichtet die Polizeibeamtin Anne M. (27). Doch die Frau habe sich sehr aggressiv gebärdet, sie und ihre Kollegen als „korrupte Schweine“ und Schlimmeres betitelt. „Sie hat auch in unsere Richtung gespuckt“, so die Zeugin.
„Ich glaube, Sie haben bei Ihrer Darstellung ein bisschen übertrieben. Die Polizisten wollten Ihnen zu Hilfe kommen. Statt dessen wurden sie von Ihnen auf das Übelste beleidigt“, wendet sich der Staatsanwalt an Ilona I. Die kontert: „Das eigentliche Opfer bin ich. Die Staatsmacht wurde unbewusst zum Handlanger der Täter. Das hat mich am meisten geschockt.“ (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga
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