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Von Klaus Kurpjuweit: Potsdam abgekoppelt

Stellwerksausfall unterbrach S-Bahn- und Regionalverkehr gleichzeitig – eineinhalb Stunden ging nichts

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Es war schlimmer als bei einem Streik: Völlig überrascht wurden am Montagnachmittag Tausende von Fahrgästen von einem kompletten Zugausfall zwischen Potsdam und Berlin. Nach einer Panne am Stellwerk in Berlin-Wannsee konnten ab 14.30 Uhr bis gegen 16 Uhr weder S-Bahnen noch Regionalzüge fahren. Auf den Stationen, wo die Züge vorzeitig ihre Fahrt beenden mussten, war das Durcheinander groß.

Am Hauptbahnhof Potsdam etwa blieben zahlreiche Fahrgäste ratlos vor der großen Anzeigetafel in der Haupthalle stehen. Am Informationsschalter der Bahn bildeten sich lange Schlangen. Auch nach der Wiederaufnahme der Fahrten kam es bis in den späten Nachmittag zu Verspätungen von bis zu einer halben Stunde. Der Verkehr müsse sich erst wieder einpendeln, hieß es vom Bahnpersonal am Hauptbahnhof.

„An einen solchen Ausfall kann ich mich nicht erinnern“, sagte ein Eisenbahner. In den Stellwerken komme es zwar immer wieder zu Störungen, in der Regel sei dann aber entweder nur die S-Bahn oder lediglich der Fern- und Regionalverkehr betroffen. Dass das System in beiden Bereichen gleichzeitig ausfalle, sei sehr ungewöhnlich.

Ob der Ausfall mit Arbeiten an der Stromversorgung zusammenhing, die es am Montag gegeben hatte, ist noch nicht klar. Nicht ausgeschlossen wurde, dass es einen gezielten Anschlag gegeben hat. Zuletzt hatte Anfang November ein Brandanschlag auf einen Kabelschacht in Neukölln den S-Bahnverkehr in diesem Bereich unterbrochen.

Bei den Stellwerken hat die Bahn die alten mechanischen Anlagen fast überall durch moderne elektronische Technik ersetzt, die zentral gesteuert wird. Kommt es zu einem Ausfall, ist meist ein großer Teil des Netzes betroffen. Bei den alten Stellwerken, die jeweils nur einen kleinen Bereich bedienen konnten, war ein Ausfall dagegen meist örtlich begrenzt.

Bei der S-Bahn war am Montag der Verkehr auf der S 7 zwischen Berlin-Westkreuz und Potsdam sowie auf der S 1 zwischen Berlin-Zehlendorf und Wannsee unterbrochen. Im Regionalverkehr mussten die Züge der nachfragestärksten Linie RE 1 (Magdeburg–Eisenhüttenstadt) jeweils in Potsdam Hauptbahnhof oder Zoo ihre Fahrt unterbrechen; auch die RE 7 (Dessau–Wünsdorf-Waldstadt) konnte nicht zwischen Zoo und Michendorf fahren.

Fahrgäste, die es eilig hatten, konnten nur mit Taxis weiterkommen. Da es parallele Busverbindungen bis auf wenige Ausnahmen nicht gibt, war ein Ausweichen auf Busse nur mit mehrmaligem Umsteigen möglich, was die Fahrtzeiten verlängerte. Die Bahn versuchte, einen eigenen Ersatzverkehr mit Bussen zu organisieren, was allerdings nicht gelang. Derzeit gibt es kaum Reserven, weil die BVG wegen ihres Wagenmangels bereits Fahrzeuge anderer Betriebe mieten musste.

Unabhängig vom Stellwerksausfall führte eine Weichenstörung in Berlin-Lichtenberg zu weiteren Beeinträchtigungen bei der S-Bahn. Auf der Linie S 75 (Wartenberg–Spandau) konnten die Züge nur alle 20 statt alle zehn Minuten fahren.

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