Landeshauptstadt: Potsdam bekennt Farben
Oberbürgermeister ruft alle Potsdamer angesichts des Nazi-Aufmarsches zur Gegendemonstration auf
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Oberbürgermeister ruft alle Potsdamer angesichts des Nazi-Aufmarsches zur Gegendemonstration auf Innenstadt/Potsdam-West - Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat gestern noch einmal vor Journalisten an alle Potsdamer appelliert, sich am morgigen Sonnabend ab 12 Uhr an der Gegendemonstration „Potsdam bekennt Farbe! Gemeinsam für Toleranz, Gewaltfreiheit und ein friedliches Miteinander“ auf dem Luisenplatz zu beteiligen. Die Demonstration, zu der Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und zahlreiche Organisationen aufrufen, richtet sich gegen den Aufmarsch von Rechtsradikalen, den der Neonazi Christian Worch anführt. Durch zahlreiche Beteiligung an der offiziellen Gegendemonstration soll laut Jakobs zum Ausdruck gebracht werden, „dass Worch in Potsdam auf keinerlei Akzeptanz stößt“. 2600 „Potsdam bekennt Farbe“-Schals in unterschiedlicher Färbung sind vorbereitet und werden an die Demo-Teilnehmer verteilt. Unter dem Deckmantel des Gedenkens an die Opfer des Zweiten Weltkrieges wollen die Rechtsrextremisten erneut ihre menschenverachtenden Parolen verbreiten, heißt es in dem Aufruf des Aktionsbeirates. „Wir wollen deutlich machen, dass wir auf unseren Straßen kein faschistisches Gedankengut dulden, sondern auf vielfältige Weise demonstrieren, wie wir die mehr als 300-jährige Tradition der Toleranz und des friedlichen Miteinanders unter Achtung der Menschenwürde hier in Potsdam mit Leben erfüllen“, betonte der Oberbürgermeister. Jakobs ruft in Erinnerung an die Erfahrungen des Worch-Aufmarsches vom letzten Jahr zur völligen Gewaltfreiheit aller Aktionen auf. Bereits vor Beginn der Gegendemonstration um 12 Uhr wird es um 11 Uhr ein ökumenisches Friedensgebet auf dem Luisenplatz geben, zu dem die Kirchen der Stadt aufrufen. Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte betonte gestern die Urbotschaft der Kirchen: „Frieden und Versöhnung“. Rechtsextremismus ist laut Schütte „eine Infragestellung all dessen, wofür christliches Leben steht“. Neben dem Oberbürgermeister wird auf dem Luisenplatz auch der Zeitzeuge Karl Stenzel sprechen. Der 90-Jährige wurde von den Nazis wegen seines politischen Engagement als Jungkommunist im KZ Sachsenburg, in Waldheim, als Moorsoldat in Emsland, im Zuchthaus Hamburg-Fulsbüttel und schließlich im KZ Sachsenhausen eingesperrt. Im Außenlager in Falkensee eingesetzt, sabotierte er die dortige Rüstungsproduktion. Durch die Rote Armee wurde er im April 1945 befreit. Im Anschluss an die Gegendemonstration auf dem Luisenplatz werde es laut Jakobs „einzelne weitere Aktionen mit Überraschungsmoment“ geben, die durchaus zwei bis drei Stunden in Anspruch nehmen könnten. Auf die Frage, ob jemand das Gefühl haben könnte, er sei auf der falschen Gegendemonstration, erklärte Jakobs vielsagend, „glaub ich nicht“. Angesichts weiterer Gegendemonstration findet es Sigrid Müller von der Stadtfraktion der Linkspartei.PDS „bedauerlich, dass sich nicht alle unter einem Dach wieder finden“. Bündnis 90/Die Grünen rufen „zusätzlich“ zur Kundgebung um 12 Uhr auf dem Luisenplatz zu einer Demonstration an der Zeppelinstraße, Ecke Kastanienallee auf, die ebenfalls um 12 Uhr beginnt. Wegen des Nazi-Aufmarsches kommt es morgen zu starken Einschränkungen im Straßen- und im Nahverkehr. gb
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