zum Hauptinhalt

Wohnungsnot in Potsdam: „Potsdam droht soziale Schieflage“

Eine Expertengruppe rät der Stadt zu einem „Bündnis für sicheres Wohnen“ und neuer Wohnungspolitik. Die Kommunalpolitik müsse Ängste und Proteste wegen der rasant gestiegenen Mietkosten in Potsdam ernst nehmen.

Stand:

Potsdam - Für eine nachhaltige Stadtentwicklung mit bezahlbarem Wohnraum muss Potsdam seine kommunale Wohnungspolitik neu definieren und als neue Kreativaufgabe begreifen. Dabei könne sich die Stadt nur auf eigene Kräfte verlassen und nicht auf Förderprogramme des Bundes und Landes warten, auch wenn diese notwendig bleiben. Das ist die zentrale Botschaft einer Expertengruppe, die im Auftrag der Stadt Vorschläge erarbeitet hat, wie Potsdam den Anforderungen an eine kommunale Wohnungspolitik gerecht werden kann.

Impuls für die insgesamt 26 Handlungsempfehlungen ist eine Forderung der Stadtverordneten von Ende 2011: „Bezahlbarer Wohnraum für alle!“ Auch wenn dies plakativ formuliert sei, begrüßt das Expertengremium es als „richtig und ermutigend“, dass die Kommunalpolitik Ängste und Proteste wegen der rasant gestiegenen Mietkosten in Potsdam ernst nehme. Auch wenn es innerhalb des Stadtgebietes bezahlbaren Wohnraum gebe, nehme die Gefahr zu, dass ein „wachsendes Potsdam in eine soziale Schieflage gerät“, warnen die Autoren des Agenda-Entwurfs.

Die Vorschläge, die gestern Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung als Mit-Autor der Studie vorstellte, richten sich an eine Vielzahl von Akteuren, die nur im Verbund für Entspannung auf dem Potsdamer Wohnungsmarkt sorgen können. Gefordert seien neben der Verwaltung und Kommunalpolitik auch die Potsdamer Wohnungsgenossenschaften und kommunalen Wohnungsgesellschaften, Mietervereine, Bürgerinitiativen, städtische Versorgungsunternehmen sowie die private Wohnungswirtschaft. Angestrebt werden sollte ein „Bündnis für sicheres Wohnen“, in dem sich alle Beteiligten verbindlich und öffentlich zu Leistungen verpflichten.

Die Experten, die wichtige Kernthemen wie Mieterschutz, Wohnungswirtschaft, Energie und Klimaschutz sowie demografischen Wandel repräsentieren, haben zahlreiche neue Aufgaben formuliert. So müsse die Stadt eigene Förderinstrumente zum Bau von Sozialwohnungen schaffen. Auch brauche es Strategien, um Wohnraum an Erfordernisse des demografischen Wandels, der Energiewende und des Klimawandels anzupassen. Wohnungsbau müsse von allen Schichten der Stadtbevölkerung als solidarische und gemeinschaftliche Aufgabe verstanden und wahrgenommen werden. „Denn steigende Mieten sind kein Randgruppenproblem“, begründete Carsten Hagenau vom Arbeitskreis „Stadtspuren“. Weitere Aufgabe: Die Stadt müsse für den privaten Wohnungsbau investorenfreundliche Rahmenbedingungen schaffen, um den sozialen Wohnungsmarkt zu entlasten.

Um Handlungsspielräume für bezahlbares Wohnen zu schaffen, dürfen der Expertenrunde zufolge nicht nur die Mietpreise betrachtet werden. Zu den Wohnkosten zählen auch Heiz- und Betriebskosten sowie Kosten, die aus der individuellen Lebenslage und aus dem Wohnstandort resultieren. „In allen diesen Bereichen gibt es Stellschrauben“, sagte Rainer Radloff, der als Landeschef des Mieterbundes Brandenburg an der Arbeit mitwirkte.

Die Empfehlungen sollen Grundlage für ein wohnungspolitisches Konzept sein, das Oberbürgermeister Jann Jakobs gestern ankündigte. Der Auftrag soll an ein externes Büro vergeben werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })