Landeshauptstadt: Potsdam im Tiefschlaf
Potsdamer Autofahrer leiden in diesem Jahr besonders unter den Baustellen. Während jenseits der Stadtgrenze oft auch nachts gebaut wird, steht das in Potsdam selten zur Debatte
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Nur eine Brücke weiter geht, was in Potsdam nicht geht: In nur wenigen Nächten hat die Stadt Berlin die Fahrbahn auf der Königstraße direkt hinter der Glienicker Brücke ausgebessert – inklusive neuer Verkehrsinsel. Flutlichter erhellten die Straßen, Asphaltfräsen entfernten den alten Belag und noch in derselben Nacht kam die neue Straßendecke drauf. So wurde ein Chaos im Berufsverkehr verhindert.
Anders in Potsdam: Seit Monaten gibt es in der Breiten Straße Behinderungen (siehe Kasten), und die Nuthestraße war im Oktober oft so verstopft, dass Autofahrer bis zu einer Dreiviertelstunde brauchten, um die Kreuzung zur Berliner Straße zu überqueren. Nachtbaustellen, mit denen der Verkehr auf wichtigen Straßen entlastet werden könnte, gibt es nicht. Nach Angaben der Stadt sind Nachtbaustellen generell kaum möglich. „Genehmigungen für solche Baustellen innerorts erfolgen sehr selten, da der Lärmschutz der Anwohner vor geht“, erklärt Stadtsprecher Stefan Schulz. Lärmintensivere Arbeiten seien innerorts nur vor 22 Uhr erlaubt. „Die Stadt prüft regelmäßig, ob sich durch Nachtarbeiten eine Verkürzung der Bauzeit und damit verbundenen Einschränkungen im Verkehr ermöglichen lassen“, so Schulz. Demnach sind Nachtbaustellen nur in Randgebieten Potsdams möglich. Für viele Potsdamer, Berufspendler und Touristen bedeutete dies im vergangenen Sommer Dauerstau in Potsdam. Der Berufsverkehr kam teilweise zum Erliegen. Im Fall der Königstraße, die von Pendlern zwischen Berlin und Potsdam genutzt wird, konnte Berlin dies in den vergangenen Tagen verhindern. „Soweit die Lage es ermöglicht und der Lärmschutz eingehalten werden kann, legt die Stadt Berlin Nachtarbeiten in Bauverträgen bereits fest. Bauunternehmer, die das kostengünstigste Angebot vorlegen, bekommen den Zuschlag“, so eine Sprecherin der Senatsbauverwaltung. So sei es auch im Falle der Königstraße gewesen. Um Behinderungen für die öffentlichen Verkehrsmittel zu minimieren, seien die nächtlichen Arbeitszeiten auch anhand des Busfahrplans terminiert worden. Erst wenn die seltener fahrenden Nachtbusse unterwegs waren, konnten die Bauarbeiten voll beginnen.
Auch die Nedlitzer Straße in Potsdam war in diesem Jahr immer wieder halbseitig gesperrt. Dort wurde tagsüber für die Erschließung des Campus Jungfernsee gebaut, nachts ruhten die Geräte hingegen. Vor allem Pendler litten unter Sperrungen und der Umleitung über die Amundsenstraße und die Straße Am Golfplatz. Lärmschutz war nicht der Grund, warum es dort keine Nachtbaustellen gab: Anwohner gibt es dort noch nicht. Stadtsprecher Schulz begründet die nächtliche Arbeitspause mit den höheren Kosten von Nachtschichten. Diese wären teurer gewesen und hätten trotzdem kaum zu einer Entlastung geführt. „Die Baumaßnahmen in der Nedlitzer Straße am Campus Jungfernsee wurde unter Aufrechterhaltung beider Fahrtrichtungen durchgeführt. Die durch diese Baumaßnahme auftretenden Behinderungen sind minimal gewesen“, so Schulz.
Schon lange fordert der Automobilklub ADAC mehr nächtliche Baustellen auf deutschen Straßen. So könne man nicht nur auf den Autobahnen Langzeitstaus verhindern und verkürzen. Auch die Lage im Berufsverkehr könne man entspannen: „Das ist doch logisch. Ist eine Baustelle 24 Stunden in Betrieb und nicht nur zehn Stunden, so ist auch die Baustelle schneller fertiggestellt“, erklärt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel. Trotz eines Nachtzuschlags für die Arbeiter und die Kosten der Beleuchtung würde es für den Baustellenbetreiber wohl kaum höhere Kosten bedeuten, da die gesamte Arbeitszeit verkürzt werde. Um Nachtbaustellen rentabler für Bauunternehmer zu machen, fordert der ADAC Belohnungen für schnelle und und termingerechte Fertigstellung von Baustellen. Auch ein höheres Unfallrisiko schließt er aus – solange die Baustellen ausreichend markiert sind und die Autofahrer sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten.Lukas Berg
Lukas Berg
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