
© Frank Eidel
Kabarettist Florian Schroeder kommt nach Potsdam: "Potsdam ist reich, aber sexy"
Der Kabarettist Florian Schroeder tritt am Samstag in Potsdam auf. Für ihn ist das fast ein Heimspiel.
Stand:
Herr Schroeder, am Samstag um 20 Uhr sind Sie mit Ihrem neuen Programm „Entscheidet Euch“ im Lindenpark in Potsdam zu sehen. Sie leben seit 2005 in Berlin. Wie kommt ein Baden-Württemberger aus Lörrach in die Hauptstadt-Region?
Das ist in meiner Generation schon fast Standard. Ich wollte den Kontrast kennenlernen. Man kommt aus der Provinz, glaubt, dass man jung und cool ist, und geht nach Berlin. Um dann dort festzustellen, dass da auch nur Leute sind, die aus der Provinz kommen und sich für jung und cool halten. Wer richtig cool ist, geht nach Stuttgart oder Duisburg, aber nicht nach Berlin. Ansonsten habe ich mir vorgenommen, die Stadt ganz alleine vollständig zu gentrifizieren, um dem Klischee des Schwaben treu zu bleiben.
Kränkt Sie denn die Diskussion um die Schwaben?
Überhaupt nicht. Das ist mir völlig egal. Ich verachte den Provinzialismus derer, die Schwaben so als Pars pro toto für all das Böse nehmen. Und natürlich ist es albern, wenn im Prenzlauer Berg Schilder hängen „Kauft nicht beim Schwaben“. Das sehe ich kabarettistisch und sage, im Zweifel seid ihr alle Material. Ich bin außerdem ein bisschen außen vor, da ich Badener und kein Schwabe bin. Baden kennt nördlich von Mannheim kein Mensch mehr. Im Zweifel sage ich daher, meine Heimat liegt in Schleswig-Holstein und schon bin ich wieder auf der richtigen Seite.
Sind Sie ein Botschafter der badischen Kultur?
Nein, ich bin nur Botschafter meiner selbst. Lokalpatriotismus ist mir vollkommen fremd. Meine Botschaft ist mein Programm „Entscheidet Euch“.
Das erinnert so ein bisschen an „Empört Euch“, das Essay des französischen Widerstandskämpfers Stéphane Hessel, in dem er 2010 zum politischen Widerstand aufrief und die Folgen der Finanzkrise kritisierte.
Ja, das ist so eine kleine, feine Referenz für den Connaisseur. Aber der appellative Titel ist durchaus ernst gemeint. Wir leben in einer Zeit, die beherrscht ist von Angst, das sind gemeinhin entscheidungsschwache Zeiten. Da wir aber die nicht getroffenen Entscheidungen länger bereuen als die falschen, sage ich: Entscheidet Euch! Besser falsch, als gar nicht.
Ist es ein politisches oder ein gesellschaftliches Programm?
Ich unterscheide da gar nicht. Man kann auch über menschliche Beziehungen reden und dabei hochpolitisch sein. Mich interessieren Dinge, die relevant sind, die Leute betreffen. Frei nach Hegel: „Kabarett ist Ihre Zeit, in Pointen erfasst“. Und darum geht es mir. Die Politik ist ein Teil der Zeit.
Aber gibt es nicht doch Unterschiede zwischen dem politischen Kabarett und beispielsweise Cindy aus Marzahn?
Cindy ist sehr gute lupenreine Comedy. Ich bin kein Comedian. Ich bin Kabarettist, auch wenn ich Comedy-Elemente im Programm habe. Die entscheidende Frage ist nicht E oder U, damit kann man höchstens noch Peymann in Rage bringen. Die Frage ist: Hat der da oben ein Anliegen? Erzählt er mir was, was ich vorher so nicht gesehen habe, zeigt er mir Perspektiven und habe ich danach Gedanken, die ich vorher nicht hatte? Wenn das so ist und vor allem lustig war, habe ich mein Ziel erreicht.
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Am 2. Mai treten Sie in Potsdam auf. Ist das Publikum hier sehr anders im Vergleich zu Berlin?
Nein, da unterscheide ich kaum. Es ist schließlich alles Teil des Ballungsraums Berlin. Da ist der gleiche Spirit. Potsdam ist ja im Grunde genommen der Vorort, den sich Berlin nie leisten konnte.
Vorsicht, Herr Schroeder!
Na gut, Potsdam ist das eigentliche Berlin, so wie Berlin gerne wäre, wenn es nicht Berlin geworden wäre.
Würde es Sie vielleicht reizen, nach Potsdam zu ziehen? Wäre das eine Alternative?
Noch 30 Jahre drauf, dann ja. Im Moment bin ich noch in der Phase, in der ich mich für jung und cool halten und mitten in der jüngsten und coolsten Stadt leben muss. Und Potsdam ist reif, aber cool. Oder besser gesagt reich, aber sexy.
Das Gespräch führte Stefan Engelbrecht
ZUR PERSON: Florian Schroeder (35) ist Kabarettist, Autor, Kolumnist sowie Hörfunk- und Fernsehmoderator. Bereits mit 14 Jahren hatte er einen ersten kurzen Auftritt in Harald Schmidts Fernsehsendung „Schmidteinander“. Seit 2014 moderiert er „Spätschicht – Die Comedy Bühne“ im SWR Fernsehen. breites Repertoire an Prominenten-Imitationen, er bedient sich zur Karikatur seiner Stimme, Mimik und Gestik. Darüber hinaus ist er für seine pantomimischen Einlagen bekannt. PNN
Stefan Engelbrecht
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