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Landeshauptstadt: Potsdam kennt seine Außenstände nicht

Rathaus-Sprecherin: Nachholbedarf bei der Software / Stadt verzichtet auf private Inkasso-Firmen

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Potsdam hat den Überblick über seine Außenstände verloren. Die Stadtverwaltung kann nicht beziffern, wie viel Geld, das ihr Bürger beispielsweise nach Bußgeldverfahren schulden, überhaupt noch zusteht. „Aktuell belastbare Auswertungen der Forderungen der Landeshauptstadt liegen nicht vor“, sagte Stadtsprecherin Regina Thielemann den PNN auf Anfrage. Noch nicht einmal für das Jahr 2008 könne so ein Forderungssaldo benannt werden.

Die Summe könnte allerdings interessante Einblicke liefern. So hieß es erst jüngst aus dem benachbarten Berlin, viele Bezirksämter dort seien mit dem Eintreiben von Außenständen überfordert. Insgesamt bleibe das Land Berlin auf Forderungen in Millionenhöhe sitzen. Allein von 520 000 Euro an Bußgeldern, die das Berliner Amt für Ordnungsangelegenheiten jährlich verhängt, etwa weil nicht zugelassene Fahrzeuge in Betrieb gesetzt wurden, seien im vergangenen Jahr nur 100 000 Euro tatsächlich überwiesen worden, hieß es weiter.

Solche statistischen Zahlen – etwa auch zu von der Kommune zunächst einmal bezahlten Feuerwehreinsätzen oder Unterhaltszahlungen an Kinder, die die Stadt für säumige Väter vorerst übernimmt – gibt es für Potsdam nicht. Hauptgrund dafür sei die Umstellung vom kameralistischen auf das doppische Rechnungswesen, sagte Thielemann. Die dafür vom zuständigen Hersteller gelieferte Software sei „nur auf gesetzlich vorgeschriebene Auswertungen und Unterlagen“ beschränkt. Jedoch bestehe Nachholbedarf bei den „Analysemöglichkeiten“. Nun sei beabsichtigt, mit dem Software-Hersteller gemeinsam ein „differenzierteres Berichtswesen“ zu entwickeln. Thielemann sagte auf Nachfrage, das Verfahren sei „keinesfalls ein haushalterischer Blindflug“.

Zugleich betonte die Behördensprecherin, dass sich die Leistungsfähigkeit der Vollstreckungsbehörden – in den meisten Fällen die Stadtkasse, bei Unterhaltszahlungen das Jugendamt – in den vergangenen Jahren erhöht habe. Genaue Zahlen zur „merklich gesteigerten“ Quote der Zahlungen nannte Thielemann gleichwohl nicht. Es sei aber sichergestellt, dass sämtliche Forderungen „ zeitnah und regelmäßig“ gemahnt würden. Auch dafür gebe es Software-Hilfe. Thielemann bestätigte, dass bei der Verfolgung von ausstehenden Beträgen auch Dienste privater Anbieter genutzt würden – so „im Einzelfall“ Daten privater Auskunfteien zur Schuldnerrecherche. Ebenso habe die Stadt zu Testzwecken „ausgewählte zivilrechtliche Forderungen“ an eine Rechtsanwaltskanzlei übergeben. Allerdings sei die Vollstreckung – etwa bei Bußgeldern – durch private Dienstleister aus Sicht der Stadt rechtlich unmöglich.

Dass es anders geht, zeigt das Beispiel Baden-Württemberg. Dort läuft noch bis 2012 ein Modellprojekt, bei dem die Landesregierung eine private Inkasso-Firma offene Forderungen der Justiz in Höhe von insgesamt 14,8 Millionen Euro eintreiben lässt. Auch die Berliner Finanzverwaltung erwägt den Einsatz einer privaten Inkassofirma, hieß es zuletzt. HK / TSP

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