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Landeshauptstadt: Potsdam klagt gegen Verkehrsprojekt 17

Mehrheit für Linksfraktion: Stadt wird juristisch gegen Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals vorgehen

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Die Landeshauptstadt Potsdam wird gegen den Potsdamer Teilbereich des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 17, den Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals, fristgerecht Klage erheben. Dies sagte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern Abend in der Stadtverordnetenversammlung zu, nachdem sich eine Mehrheit für einen entsprechenden Antrag der Linksfraktion abzeichnete.

Die Klage muss nach Aussage von Peter Schüler (Bündnisgrüne) bis zum 19. September beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht werden. Danach bestehe eine einmonatige Frist, die Klagebegründung nachzureichen.

Zunächst hatte sich die SPD-Fraktion in einem eigenen Antrag lediglich dafür ausgesprochen, die Ablehnung der Stadt Potsdam zu dem Ausbauprojekt zu erneuern, mutmaßlich eher klageberechtigte Verbände zu unterstützen sowie politisch Einfluss zu nehmen auf Bundestags-Abgeordnete. „Der Glaube, der Zug ist noch politisch aufzuhalten, ist naiv“, schrieb Schüler den Stadtverordneten jedoch ins Stammbuch – und erzielte damit offenbar Eindruck: SPD-Fraktionschef Mike Schubert sprach sich nun dafür aus, den SPD-Antrag und den der Linken zu vereinen – und auf einmal war die Mehrheit klar.

Die zunächst vorherrschende Klagezurückhaltung begründete sich durch ein Gutachten, wonach die Stadt Potsdam womöglich gar nicht klageberechtigt ist. Nachdem sowohl Schüler als auch Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg die Qualität des Gutachten anzweifelten, sagte auch der Oberbürgermeister, es sollte zunächst die Klagefrist eingehalten werden: „Wo zwei Juristen sind, da sind drei Meinungen.“

Götz Th. Friedrich (CDU) warnte eingangs noch, er wäre „ein furchtbares Signal“, wenn die Stadt Potsdam nach erneuter genauerer Prüfung die Klage zurückziehen müsste. Er formulierte warnend die Schlagzeile. „Stadt zieht Klage zurück.“ Dem entgegnete Schüler, es wäre ein noch schlechteres politisches Signal „heute zu sagen, wir klagen nicht“.

Zu Beginn der Debatte hatten Winfried Lücking vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und Wolfgang Grittner (Fraktion Die Linke) vor den ökologischen und wirtschaftlichen Folgen des 65-Millionen-Projekts gewarnt. Hinsichtlich des geplanten Einsatzes von Großmotorschiffen forderte Grittner, die Frachtschiffe müssten sich dem Fluss anpassen und nicht umgekehrt. Der Kanalausbau brächte Grittner zufolge „erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft“ mit sich. Beeinträchtigt wäre beispielsweise das Flora-Fauna-Habitat (FFH) Obere Wublitz. Zudem gehen 900 Bäume durch die Kanalausweitung verloren, so Grittner.

Die genauen Pläne für den Ausbau des Sacrow-Paretzer- Kanals erläuterte Friedhelm Busch vom Wasserstraßenneubauamt Berlin den PNN: Demnach soll die zwischen 1874 und 1876 errichtete Wasserstraße auf eine Wassertiefe von vier Metern vertieft werden. In Teilbereichen, den „seenartigen Aufweitungen des Kanals“ genügten 3,50 Meter, die teilweise schon vorhanden seien. Auf 50 Prozent des Kanals – auf sieben der 14 Kilometer Kanallänge – soll die Bundeswasserstraße im Mittel um vier bis fünf Meter durch Abbaggerung der Nordseite verbreitert werden.

Befürchtungen, mit dem für 2009 beginnenden Ausbau gehe der Bau eines „Hafens“ auf dem ehemaligen Gelände der Bundesanstalt für Wasserbau einher, entbehrten jeder Grundlage, so Busch weiter. Es entstehe eine Liegestelle, wo Schiffer mit ihrem Schiff übernachten können. Das sei seit Jahren im Liegestellenplan festgelegt. Das Gelände werde umzäunt und bleibe Liegestelle. Ein Umwandlung in einen Hafen schloss Busch aus. Das würde gegen den Planfeststellungsbeschluss verstoßen. Guido Berg

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