Landeshauptstadt: Potsdam legt Tierheim-Verträge auf Eis
Konsequenz aus Treberhilfen-Skandal: Jakobs erwägt neue Ausschreibung
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Potsdam/ Berlin - Potsdams Stadtverwaltung zieht nun doch die Reißleine: Die Vertragsverhandlungen mit dem Sozialträger Treberhilfe Brandenburg gGmbH zum geplanten Tierheim im Ortsteil Eiche liegen auf Eis. Das sagte gestern Abend Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) dem Sender Potsdam TV. „Wir werden neu ermitteln, ob dieser Träger geeignet ist.“ Das Ergebnis soll in vier Wochen feststehen. Grund für den Schritt sind immer neue Vorwürfe gegen die Berliner Muttergesellschaft der brandenburgischen Treberhilfe. „Wir müssen wissen, inwiefern unser Partner hier davon betroffen ist“, sagte Jakobs.
Damit droht der Landeshauptstadt beim Dauerthema Tierheim erneut ein herber Rückschlag. Aktuell werden herrenlose Tiere ins 70 Kilometer entfernte Kremmen gebracht. Dieser Zustand sollte Ende 2010 mit einem neuen Tierheim enden. Eine Ausschreibung dazu gewann im vergangenen Jahr die neu gegründete Treberhilfe Brandenburg, eine Tochter der Berliner Mutterorganisation. Geplant war, dass die Treberhilfe das Tierheim errichtet und 15 Jahre zusammen mit dem Verein Tiertafel Deutschland e.V. betreibt, inklusive eines angedockten Jugendhilfeprojekts. Dafür wollte die Stadt rund 285 000 Euro pro Jahr zahlen. Noch am Mittwochnachmittag hatte die Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) erklärt, am Vertragspartner Treberhilfe festhalten zu wollen: Die noch nicht unterschriebenen Verträge befänden sich bereits in der Endabstimmung.
Bereits gestern Vormittag forderten Stadtpolitiker von Linke, SPD, CDU und Grünen jedoch, mit dem Unterschreiben der Verträge zu warten. Am Abend sagte Jakobs, sollte die Treberhilfe nicht mehr infrage kommen, könnte der Zweitplatzierte der aktuellen Bewerbung zum Zuge kommen. Nach PNN-Informationen soll dies das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk Lazarus aus Berlin sein. Aber auch eine neue Ausschreibung sei möglich, sagte Jakobs. Ein Tierheim wird in Potsdam seit Jahren vermisst: Zunächst hatte die Stadtverwaltung 2007 das frühere Tierheim am Wildpark geschlossen und sich mit dessen Betreiber, dem Potsdamer Tierschutzverein, überworfen. Seit 2008 lässt Potsdam die kommunale Pflichtaufgabe der Fundtierbetreuung von Anbietern außerhalb der Stadtgrenze erledigen.
Unterdessen weitet sich die Affäre um die gemeinnützige und damit steuerlich begünstigte Treberhilfe in Berlin stetig aus. Mit sofortiger Wirkung wurde der Trägerverein der Treberhilfe gestern vom Paritätische Wohlfahrtsverband „wegen verbandsschädigenden Verhaltens“ ausgeschlossen. Zugleich wurden neue Details zu Harald Ehlert bekannt: Der umstrittene Chef der Treberhilfe soll sich nach übereinstimmenden Zeitungsberichten ein monatliches Gehalt von 35 000 Euro genehmigt haben. Zugleich soll Ehlert Mitarbeitern nur die Hälfte ihres Lohns gezahlt haben, hieß es bei Berliner Oppositionsparteien. Bereits am Mittwoch hatte Berlins Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) angekündigt, die Staatsanwaltschaft einzuschalten: Es bestehe der begründete Verdacht, dass öffentliche Mittel zweckentfremdet werden, was durch die Justizbehörden untersucht werden müsse. Jakobs sagte gestern, mit einer Entscheidung zur Zukunft des Tierheims werde Potsdam voraussichtlich nicht bis zum Ende aller Ermittlungen warten können.
Ehlert lässt seine Ämter in der Treberhilfe derzeit ruhen. Auch bei der brandenburgischen Tochter, die das Tierheim bauen soll, ist er als Geschäftsführer gelistet. In die Schlagzeilen war die Sozialorganisation geraten, weil Ehlert einen Maserati als Dienstwagen nutzte. Auch eine luxuriöse Villa, die die Treberhilfe in Caputh nutzt, haben Kritiker ins Visier genommen. H. Kramer (mit dpa, epd, ddp)
H. Kramer (mit dpa, epd, ddp)
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